Montag, 7. Juli 2008

Erinnerungen: Mutters Tiere





Mutters erste Haustiere waren 3 kleine weiße Hühnchen, die schaffte sie sich 1945 an. Aus ihren Erzählungen weiß ich, daß diese Hühnchen ein wahres Hühnerparadies auf Erden hatten. Alle drei hatten Namen, eine hieß Schneeweißchen, wie die anderen hießen, dies kann ich nicht sagen und meine Mutter danach fragen, dies kann ich leider nun auch nicht mehr. Schneeweißchen soll sehr zutraulich gewesen sein und sie hatte es gern wie eine Katze oder ein Hund auf dem Arm gehalten zu werden und gestreichelt zu werden. Eier legten die Hühnchen nur sehr wenige, jeder ökonomisch denkende Hühnerhalter hätte derartige Hühner nach kurzer Zeit geschlachtet, anders bei meiner Mutter, der waren die Hühnchen ans Herz gewachsen und sie starben nicht unter dem Beil sondern einen natürlichen Tod, wobei allerdings eines spurlos verschwand. Es mußte wohl mal eine Lücke im Zaun entdeckt haben und beim Nachbarn gelandet sein, war höchstwahrscheinlich im Suppentopf geendet, in den ersten Nachkriegsjahren mit dem Hunger allenthalben, ist dies durchaus anzunehmen.

Ich selbst bin ja in dem Haus in Törten auf dem Sandberg, wo ich jetzt wohne, geboren worden, d.h. eigentlich in der Klinik, aber als ich 5 Jahre alt war zogen meine Eltern aus dem Haus der Großeltern weg in eine kleines gemietetes Haus nach Dessau-Ziebigk auf den Knarrberg. Dies war unvermeidlich, weil Mutters jüngste Schwester in dem Haus auf dem Sandberg regierte und die Großeltern nach deren Pfeife tanzten. Diese meine Tante wollte meine Eltern und mich gern aus dem Haus haben und da war ihr jedes Mittel recht. Als im Haus Wasser gelegt wurde, bestimmte sie wie die Leitungen verlegt wurden und dies so, daß man in unserer Küche nichts mehr an Möbeln stellen konnte. Dies brachte das Fass zum Überlaufen und wir zogen nach Ziebigk wo wir bis zur Wende wohnten, danach zogen wir wieder zurück ins Sandberg-Haus. In Ziebigk auf dem Knarrberg war es damals üblich, daß in den Ställen und Garagen die Knarrberg-Bewohner Rauchschwalben Unterkunft gewährten. Nun sind zwar Rauchschwalben keine Haustiere, aber eigentlich doch, denn sie lebten ja unter unserem Dach. Es war für meine Mutter, meinen Vater und mich immer eine schöne Sache auf die Ankunft der Schwalben zu warten, sie beim Nestbau zu beobachten, die Jungen aufziehen zu sehen und der Abschied im Herbst als die Schwalben gen Süden flogen, dies war immer eine wehmütige Angelegenheit.

Und dann gab es natürlich noch unsere geliebte Fanny, eine Langhaardackeline, die Mutter als Leitfigur ansah, wohingegen Vater und ich nur ihre „Rudelgenossen“ waren. 13 Jahre hatten wir die liebe Fanny und all die Jahre kümmerte sich hauptsächlich Mutter liebevoll um sie.

Nur ein paar Jahre hatten wir einen kleinen Kater. Eigentlich waren wir immer mehr für Hunde, aber wie es im Leben manchmal so ist, man kommt zu einem Tier dadurch, daß es einen leid tut wie andere Tiere behandeln. So hatten Nachbarn von uns sich eben diesen Kater angeschafft und ihn nur in der Garage eingesperrt gehalten. Dies tat uns leid, Mutter ging dann zu diesen Leuten und stellte sie zur Rede. Die Antwort war: „Dann nehmen sie ihn doch, wir sind den Kater eh über“! Ja und dann war es unser Katerchen von einer Minute zur anderen.

Ähnlich war es auch mit den Katzen die Mutter einige Jahre auf einem verwilderten Grundstück Richtung Kornhaus fütterte. Dieses Grundstück gehörte dem Sägeunternehmer Exner, der mit seiner transportablen Säge von Haus zu Haus zog und den Leuten gegen Entgelt Holz sägte. Exner trank gern einen und da war für Futter für seine Katzen auf seinem Grundstück auf dem er nicht mal wohnte kein Geld über, so daß sich einige Tierfreunde sich der Tiere erbarmten. Auf diesem Grundstück lebten so an die 10-15 Katzen und Mutti wechselte sich mit 2 anderen Frauen mit der Fütterung derselben ab. Dies ging ein paar Jahre so, bis zu dem Tag wo sie hinkam und keine einzige Katze mehr dort war. Die Stadt hatte es veranlaßt, daß die Katzen alle getötet wurden, wegen Verwahrlosung des Grundstücks. Dies war noch zu DDR-Zeiten, da wurde so rigoros vorgegangen, weil das Dessauer Tierheim gar nicht alle Tiere aufnehmen konnte mit seinen nur 2 Mitarbeitern die dort arbeiteten.

Ja und auch eine Art Findeltier war unsere Schildkröte, eine griechische Landschildkröte. Nachbarn hatten diese von einem Urlaub aus Bulgarien mitgebracht und sie nicht artgerecht in einem kleinen dunklen Schuppen gehalten. Da büxte sie mal aus und als wir sie den Leuten wieder bringen wollten, meinten diese, ob wir sie nicht haben wollten, sie hätten keine Zeit für das Tier. Nun auch Schildkrötenliebhaber waren wir eigentlich nicht, aber Mutter tat das Tier leid und wir nahmen sie. 15 Jahre lebte sie bei uns und es war immer ein kritischer Moment wenn sie aus dem Winterschlaf erwachte, ob sie die langen Monate der Starre auch gut überstanden hätte. Aber es ging immer gut. Das Lieblingsessen von Kröti war gekochtes Ei, da konnte sie nie genug von kriegen, aber auch in Kuhblumen haute sie gewaltig rein. Kröti gaben wir allerdings nach 15 Jahren an eine Dresdner Schildkrötenliebhaberin ab, die schon an die 10 Schildkröten hatte, weil wir meinten, daß es an der Zeit wäre, daß unsere Kröti nicht ihr ganzes Leben solo leben sollte und diese Schildkrötenliebhaberin hatte unserer Meinung nach beste Voraussetzungen unserer Schildkröte ein artgerechtes Leben zu ermöglichen, jedenfalls nach den Fotos ihrer Innen-und Außenanlagen zu urteilen.

Alles in allem hatte meine Mutter zwar viel Arbeit mit ihren Tieren, aber die Freude an den Tieren war denn doch eine schöne Sache für sie und die Gewißheit etwas Gutes getan zu haben, besonders bei den Tieren die so unfreiwillig in ihr Leben kamen.

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