Donnerstag, 19. Februar 2009

"Mein Körper gehört mir!" - aber nicht im deutschen Gesundheitswesen!

Dr. Julius Hackethals Beschreibung des deutschen Gesundheitswesens mit dem Machtgefälle des Arztes als einem „Halbgott in Weiß“ und dem unmündigen Patienten trifft weitgehend immer noch zu. Es ist doch so, daß der Patient derjenige ist der die Dienstleistung medizinische Versorgung zu bezahlen hat und natürlich auch dann indirekt wenn er in einer gesetzlichen Krankenkasse ist, eben durch seine Beiträge ähnlich Versicherungsbeiträgen.
Daß aber der Auftraggeber und Zahler, der Patient, des öfteren außen vor und unmündig gehalten wird dies zeigt sich an vielen Kleinigkeiten.

Vorgestern musste ich eine recht unangenehme medizinische Untersuchung bei einem Facharzt über mich ergehen lassen. Das Ergebnis dieser Untersuchung bekam ich schriftlich gleich mit, im verschlossenen Umschlag - für meine Hausärztin! Typisch deutsches obrigkeitliches Gesundheitswesen, wo der Patient um den es ja geht, übergangen wird. Demjenigen der zahlt und dessen Körper es ist, wird wie bei einem Kind oder einem sich in Vormundschaft befindlichen Bürger, ein medizinisches Ergebnis vorenthalten. Allein der überweisende Arzt kann dann je nach gusto entscheiden wie er den Patienten informiert, ob er ihm eine Kopie aushändigt oder ob er mündlich das Ergebnis vorliest oder ob er bloß partiell Passagen daraus mitteilt. Ein Unding das Ganze und typisch deutsches Gesundheitswesen á la Bismarcksche Krankenkassenorder von vor 130 Jahren die damals nur die gesetzlich Krankenversicherten betraf, praktisch die Armen, die man bevormunden wollte, denn für alle diejenigen Patienten die vermögend genug waren ihre Arztkosten privat zu begleichen bestand diese Unmündigkeit nicht. Bezahlte um 1880 ein Privatpatient eine Untersuchung bei einem Facharzt, so wurde natürlich ihm das Ergebnis ausgereicht und nicht etwa seinem Hausarzt – dies unter dem Motto „Wer die Musik bezahlt, der kann auch bestimmen was gespielt wird“.

Diese Bismarcksche Denkweise hat sich erhalten, auch heute noch werden gesetzlich Krankenversicherte unmündig gehalten. Dies ist ein Anachronismus, denn ein gesetzlich Versicherter bezahlt nicht mehr wie 1880 1,20 Mark Krankenkassenbeitrag im Monat sondern oft sind es hunderte Euro monatlich, so wie bei Selbständigen. Auch wenn diese nur ein minimales Einkommen haben, so müssen diese mit ca. 340,- Euro monatlichem Beitrag rechnen. Trotz dieser enormen Summe werden sie dann wie ein unmündiges Kind behandelt und sie erhalten nicht mal das schriftliche Ergebnis einer Untersuchung sondern der Hausarzt.

Diese Vorgehensweise begründet sich auch darin, daß den „Halbgöttern in Weiß“ auch nicht daran gelegen ist, einen mündigen Patienten als Kunden zu haben, der etwa selbst im Internet recherchiert, der Zweitmeinungen von anderen Ärzten oder gar Heilpraktikern einholt, der selbstbestimmt handelt. Dies würde das bestehende Machtverhältnis zwischen Arzt und Patient ankratzen und das will man nicht. Die 68er Revolution stellte diese Machtverhältnisse infrage, es begannen Reformen und auch Bewegungen wie die der Patientenkollektive, sogar bei bis dato vollkommen unmündig gehaltenen psychisch Kranken. Auch da hieß es „Mein Körper gehört mir!“ Diese Befreiung aus dem Gehäuse der Hörigkeit der 68er und 70er Jahre ist ins Stocken geraten und vielerorts setzte eine Restauration zugunsten alter Herrschaftsstrukturen ein.

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