Freitag, 5. März 2010

Zum Gedenken an Prof. Dr. phil. Georg Hoeltje


Heute möchte ich an unseren lieben Freund Professor Dr. phil. Georg Hoeltje erinnern, ein Mann der wie kein zweiter für das bessere Deutschland in unseliger Zeit stand. Hoeltje, 1906 in Essen geboren, studierte an der Universität Halle (Saale) Kunstwissenschaft, u.a. bei Prof. Paul Frankl (siehe auch meinen Beitrag hier im Blog über Frankl: http://barrynoa.blogspot.com/2008/04/bn-und-professor-paul-frankl.html ). Es war ein Phänomen, daß sich etliche der Frankl-Schüler zu einem Kreis fanden, der über alle Zeiten hielt. Dieser Kreis ehemaliger Frankl-Schüler hielt auch in der NS-Zeit zusammen. Es wurden gesellschaftliche, philosophische und theologische Probleme in ihm diskutiert. Die Distanz zur herrschenden NS-Ideologie war signifikant. Noch 1933 erschien in Oldenburg unter dem Kunstwissenschaftler Dr. Werner Meinhof (http://barrynoa.blogspot.com/2009/03/bn-und-dr-werner-meinhof.html ), dem Vater von Ulrike Meinhof, eine Schrift die das Mißfallen von Goebbels erregte, wurde doch in ihr „Propaganda“ als Werk des Teufels bezeichnet, Herausgeber: Dr. Werner Meinhof, Autoren: Dr. Walter Timmling, Dr. Hermann Ulrich. In diesem Kreis ehemaliger Frankl-Schüler wurden Konzepte entwickelt wie ein besseres Deutschland aussehen könnte, besser als das wie es damals war. In einer Zeit als es geradezu staatsfeindlich war, wenn in einem größeren Freundeskreis philosophiert wurde, wie und wohin eine Gesellschaft zu verändern sei, ist dies natürlich als widerständig einzustufen: der Kreis ehemaliger Frankl-Schüler war ein Widerstandskreis!


Daß nun zwei der Mitglieder dieses Kreises selbst in der NSDAP waren, erklärt sich daraus, daß man von 1918 bis zur Machtergreifung der Nazis mit dem deutschnationalen Spektrum sympathisierte, bzw. diesem selbst angehörte. So gehörten z.B. Dr. Walter Timmling und Dr. Horst von Rabenau (siehe: http://barrynoa.blogspot.com/2008/03/dr-horst-von-rabenau-zum-gedenken.html ) 1919 einem Freikorps an welches im Grenzschutz zum Baltikum eingesetzt war. Mit der Linken stand man auf Kriegsfuß, sah also bis 1933 in einer deutschnationalen Front die Lösung für Deutschland um aus den Versailler Zwangsdiktaten heraus zu kommen, unter denen natürlich die deutsche Bevölkerung zu leiden hatte. Auch Kommunisten forderten damals die Aufhebung der Siegertribute, bzw. deren Reduzierung. Innerhalb des Frankl-Kreises wurden z.B. Dr. Werner Meinhof nie Vorwürfe wegen seiner Mitgliedschaft in der NSDAP gemacht, sorgte dies doch dafür, daß man nicht weiter auffiel als Gruppe und nicht wie andere derartige Gruppierungen sofort eliminiert wurde.

In einer Zeit, 1935/36 als die Hetze gegen den Gottesbund Loge Tanatra schon gewisse Ausmaße angenommen hatte, unterstützte man diese religiöse Gemeinschaft und nahm an deren Leben teil. Eine eingetragene Mitgliedschaft, wie in Kirchen üblich, gab es ja nie in der Loge Tanatra. Die Zugehörigkeit zu Tanatra war immer eine private Sache, man ging zu den in Privaträumen stattfindenden Zusammenkünften, kaufte dort eventuell die Zeitung von Tanatra, den „Freitag“, erschienen bis 1934, und hielt in Treue untereinander fest, auch nachdem der Bund 1936 verboten wurde. Die Intensität der religiösen Heimatfindung im Gedankengut Tanatras war bei den Mitgliedern des Frankls-Kreises unterschiedlich. 1936 nach dem Verbot von Tanatra (Anordnung des Stellvertretenden Chefs der Preußischen Geheimen Staatspolizei vom 10.07.1936 - II 1 B 1-S 554/3) sah Dr. Georg Hoeltje nur noch die Möglichkeit der Emigration und als einzigster des Frankl-Kreises verließ er Deutschland. Seine Appelle an seine Freunde ebenfalls das Land zu verlassen fruchteten nichts, man hoffte auf eine Besserung der Lage, was natürlich ein Trugschluß war. Besonders Dr. Walter Timmling und Dr. Werner Meinhof waren eng befreundet. Wie mir die Frau von Walter Timmling, die Kunsthistorikerin Charlotte Timmling (ebenfalls Frankl-Schülerin und Mitglied des Kreises ehemaliger Frankl-Schüler) berichtete, saßen Walter und Werner stundenlang zusammen und diskutierten, analysierten die Lage in Deutschland, dies schrieb sie auch in ihrer nicht vollendeten Schrift „Unser Haus“ nieder.

Dr. Georg Hoeltje fiel das Verdienst zu mit anderen Freunden von Tanatra diesen Geistesbund auch in Südamerika bekannt gemacht zu haben. In Brasilien und Paraguay existieren dank dieser Emigranten noch heute kleinere Gruppen von Tanatra. Dr. Georg Hoeltje emigrierte nach Brasilien. 1938 kam er noch einmal nach Deutschland um für Dr. Walter Timmling in dessen Schandprozess zu seinen Gunsten auszusagen. Vergeblich, Dr. Walter Timmling wurde zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt. Für Dr. Hoeltje war diese Rückkehr und das Einsetzen für Walter Timmling nicht ungefährlich, hätte er doch selbst Schwierigkeiten bekommen können, denn er besaß noch immer die deutsche Staatsangehörigkeit. Gerade noch rechtzeitig macht er wieder nach Südamerika zurück. Dieses wäre nach Ausbruch des Krieges ja nicht mehr möglich gewesen. In Brasilien lebte er bis 1953, erst dann zog es ihn wieder nach Deutschland zurück. Bis zu seiner Pensionierung war er an der TH Hannover als Professor tätig.

Besonders nach 1945 war Georg Hoeltje ein Engel für seine Freunde in Deutschland, herrschte dort doch große Not. Die Pakete mit Kaffee und anderen Lebensmitteln aus Brasilien retteten vielen Freunden das Leben. Die Timmlings wären regelrecht verhungert, hätte es Georg Hoeltjes Unterstützung nicht gegeben. Wenn nun heute philisterhafte weltfremde Publizisten/innen Tanatra Widerständigkeit absprechen, ja den Kreis der ehemaligen Frankl-Schüler klein reden wollen, ja sich nur auf Dokumente stützen, die selbstverständlich wenn sie in der NS-Zeit geschrieben worden sind, die wahren Einstellungen nicht offen legen konnten, weil man sonst verhaftet worden wäre, dann ist dies der Tatsache geschuldet, daß diese Personen keine Ahnung haben, daß man damals nur konspirativ gegen das herrschende System arbeiten konnte. Die Naivität manch linker Publizisten/innen die zu diesem Thema gearbeitet haben, ist erschreckend. Erst diese Tage habe ich mit einer sehr bekannten linken Politikerin und Publizistin korrespondiert. Sie wollte nicht akzeptieren, daß z.B. Dr. Werner Meinhof mit zweierlei Zungen sprechen mußte, z.B. die Verurteilung Dr. Walter Timmlings offiziell rechtfertigen. Hätte er das nicht gemacht, wäre es ihm selbst an den Kragen gegangen. Märtyrertum von Menschen zu verlangen, die in einer Zeit leben mußten wo es um Leben und Tod ging, läßt sich leicht von der bürgerlichen Sicherheit heutiger selbsternannter Antifaschisten tun. Wäre man selbst in der Lage von damals gewesen, würde man anders reden. Daß, z. B. Werner Meinhof nicht der Gattin von Walter Timmling einen Brief schreiben konnte in welchem er zu Timmling stand, dies ist ja nun mehr als logisch. Offiziell mußte sich natürlich auch Hoeltje von Timmling distanzieren, eine Selbstverständlichkeit! Trotz dieser offiziellen Distanzierung hielten a l l e damaligen Frankl-Kreis-Freunde zusammen, ließen niemanden fallen. Natürlich konnte dies nur konspirativ erfolgen, Briefe z.B. wurden ja generell von der Gestapo gelesen, also nur Deppen schrieben in ihnen ihre wahre Gesinnung auf. Neben einem Foto und Zeichnungen Dr. Georg Hoeltjes (darunter zwei Selbstporträts) veröffentliche ich hier zum ersten Mal einen Brief Georg Hoeltjes an Charlotte Timmling aus dem Jahre 1948 aus meinen Unterlagen sowie Zeichnungen und ein Foto von Georg Hoeltje welches mir exklusiv für meinen Blog von der Weltloge Tanatra zur Verfügung gestellt wird, dies obwohl ansonsten es kaum mal Freigaben seitens der Weltloge Tanatra von Archivdokumenten für private Publikationen gibt. Vielen Dank für dieses Entgegenkommen! Zu Walter Timmling, siehe auch meine Monografie über Walter Timmling, im Reprint noch in Restbeständen erhältlich, siehe: http://barrynoa.blogspot.com/2008/12/der-tanatra-kunst-verlag-empfiehlt_15.html

Keine Kommentare: