Donnerstag, 22. April 2010

Das Gleichnis vom armen Haselnußbäumchen


Als Kind kannte man das: Auf Mauerresten, Ruinen, Gesimsen von alten Gemäuern, da wuchsen mitunter kleine Bäume! Ein wenig angewehte Erde genügten einem von Vögeln angeschleppten Samenkorn zum wachsen. Wenn auch diese Bäumchen nie die Größe ihrer Verwandten auf der normalen Erde erreichten, so behaupteten sie sich mitunter viele Jahre auf unwirtlichem Boden und trotzten Hitze, Kälte und Dürre. Ich kann mich noch an eine ca. 2 Meter hohe Birke erinnern, die auf einer Ruinenmauer in der Innenstadt Dessaus wuchs. Eventuell würde sie heute noch existieren, wenn nicht die Ruine nebst Birke abgerissen worden wäre. Es ist erstaunlich mit wie wenig Nahrung so ein Baum auskommen kann, wenn er es muß. Scheinbar steckt allein im Samen soviel Energie, daß der Baum lange davon zehren kann.

Vor ein paar Jahren muß irgend ein Vogel - wahrscheinlich eine Elster - in meinem Garten eine Haselnuß genau in das schmale Stückchen Erde meiner ehemaligen Sickergrube versteckt haben. Die Nuß hatte Glück und wurde vom Vogel vergessen oder sie hatte sich so in dem Beton verklemmt, daß der Vogel sie nicht mehr heraus bekam, und sie konnte keimen und aufgehen. Mittlerweile ist daraus schon ein kleines Haselnußbäumchen geworden und hat auch trotz des letzten schweren Winters frische Triebe, dies ganz im Gegensatz zu einigen Kulturpflanzen die den Winter nicht überstanden haben. Mir tut das Haselnußbäumchen leid, aber umpflanzen geht nicht, da würde ich es wahrscheinlich so stark beschädigen, daß es eingehen würde, denn man bekommt es so ohne weiteres aus dem engen Spalt nicht heraus. Also bleibt nur über es zu gießen und ins Gießwasser ab und an Dünger zu tun, damit es ein wenig Nahrung bekommt.

Wie diesem Bäumchen geht es auch vielen Menschen, die keine genügende Grundlage zum Leben mitbekommen haben, sei es gesundheitlicher oder sozialer Art. Auch die haben es im Leben schwerer als ihre Artgenossen denen das Glück beschieden wurde diese Grundlagen zu haben. Dennoch werden von der Gesellschaft alle Menschen über einen Kamm geschoren. Bei der DDR-Armee früher wurde von einem spilligen Kerlchen genau dasselbe abverlangt wie von einem muskelbepackten Hünen und konnte der Schwächling diese Leistung nicht bringen, dann wurde er noch von den Vorgesetzten und „Kameraden“ verhöhnt und drangsaliert. Nicht viel humaner geht es in der derzeitigen Gesellschaft zu, Arme die aufgrund ihrer Gesundheit oder sozialen Herkunft nicht mithalten können, werden verhöhnt und drangsaliert, es wird ihnen eingeredet, sie selbst wären an ihrem Schicksal schuld. Das derzeitige Gesellschaftssystem entsolidarisiert immer mehr. Waren es früher in der Hauptsache die Waisenkinder deren schweres Schicksal noch zusätzlich beschwert wurde, siehe die Mißhandlungen und die Ausbeutung von Waisenkindern in deutschen Waisenhäusern (siehe unten stehender Ausschnitt aus der Süddeutschen Zeitung), so trifft es jetzt breite Schichten des sogenannten Prekariats, die immer mehr um existenziellste Dinge ringen müssen und die von der bürgerlichen Gesellschaft, den Regierenden und ihren willigen Vollstreckern in Behörden und Ämtern immer mehr schikaniert und drangsaliert werden. Nun, eine gerechte Strafe auf Erden werden diejenigen die das zu verantworten haben und die Vollstrecker nicht bekommen, aber (siehe die Bibel):

2 Kor 5,10:
Denn wir müssen alle vor dem Richterstuhl Christi offenbar werden, damit jeder empfange, was er durch den Leib vollbracht hat, dementsprechend, was er getan hat, es sei Gutes oder Böses.

Matth. 25,31:
Wenn aber der Sohn des Menschen kommt in seiner Herrlichkeit und alle heiligen Engel mit ihm, dann wird er sitzen auf dem Thron seiner Herrlichkeit. 32. Und vor ihm werden seine Völker versammelt und er wird sie voneinander trennen wie der Hirt die Schafe von den Böcken trennt. 33. Und er wird die Schafe zu seiner Rechten stellen, doch die Böcke zur Linken. 34. Dann wird der König zu denen zu seiner Rechten sagen: Kommt, Gesegnete meines Vaters, erbt das Königreich das euch bereitet ist seit Grundlegung des Kosmos; 35. denn ich hungerte und ihr gabt mir zu essen; mich dürstete und ihr habt mich getränkt; ich war ein Fremder und ihr habt mich aufgenommen; 36. ich war ein Nackter und ihr habt mich bekleidet; ich war krank und ihr habt mich besucht; ich war im Gefängnis und ihr kamt zu mir. 37. Dann werden ihm die Gerechten antworten und sagen: Herr, wann sahen wir dich hungrig und speisten dich? Oder durstig und tränkten dich? 38. Wann sahen wir dich als Fremden und nahmen dich auf? Oder nackt und bekleideten dich? 39. Wann sahen wir dich krank oder im Gefängnis und kamen zu Dir? 40. Und der König wird antworten und sagen: Wahrlich ich sage euch: Was ihr dem Geringsten meiner Brüder getan habt, das habt ihr mir getan. 41. Dann wird er auch zu denen zur Linken sagen: Geht weg von mir, Verfluchte, ins ewige Feuer, das dem Teufel und seinen Engeln bereitet ist; 42. denn ich war hungrig und ihr gabt mir nicht zu essen; ich war durstig und ihr habt mich nicht getränkt; 43. Ich war ein Fremder und ihr habt mich nicht aufgenommen; ich war nackt und ihr habt mich nicht bekleidet; ich war krank und im Gefängnis und ihr habt mich nicht besucht. 44. Dann werden auch sie antworten und sagen: Wann sahen wir dich hungrig und durstig oder fremd oder krank oder im Gefängnis und haben dir nicht gedient? 45. Dann wird er antworten und sagen: Wahrlich ich sage euch, Was ihr dem Geringsten meiner Brüder nicht getan habt, das habt ihr auch mir nicht getan. 46. Und diese werden hingehen in ewige Pein, doch die Gerechten ins ewige Leben.


Süddeutsche Zeitung – online, 1.4.2010:


„Jutta Stadler lebte von 1968 bis 1977 im Kinder- und Jugendhilfezentrum St. Josef in Schrobenhausen. Die 47-Jährige legt großen Wert darauf, mit vollem Namen genannt zu werden, "damit ich dieses Thema endlich abschließen kann". Sie berichtet davon, dass Mixa (Augsburger Bischof und deutscher Militärbischof der gerade heute seinen Rücktritt einreichte – B.N.) als damaliger Stadtpfarrer "öfters sein Auto" zum Kinderheim gebracht habe. "Dieses musste dann von jeweils vier Kindern stundenlang geputzt werden", schreibt sie. Jutta Stadler bestätigt auch brutale Übergriffe zweier Klosterschwestern, die damals als Erzieherinnen tätig waren. "Ich hatte am ganzen Körper blaue Flecken", sagt sie. Als sie einmal ihr Essen nicht aufessen wollte, habe ihr eine Schwester die heiße Suppe "über den Kopf gegossen".


…Der aktuelle Heimleiter Herbert Reim bestätigt auf Anfrage, dass die zwei von den ehemaligen Heimkindern schwer belasteten Schwestern bis heute im Kinderheim als Erzieherinnen tätig seien. Sie sollen die Kinder mit Holzpantoffeln, Holzbesen und Kleiderbügeln geschlagen haben. "Wir gehen diesen Vorwürfen nach", sagt Heimleiter Reim, er kündigt für diesen Donnerstag eine Presseerklärung an.


Der Orden der Mallersdorfer Schwestern war bis 1990 für die pädagogische Leitung des Kinderheimes zuständig, danach ging die Verantwortung in weltliche Hände über. Walter Mixa war von 1975 bis 1996 Stadtpfarrer von Schrobenhausen. Die ehemaligen Heimkinder berichten von Ohrfeigen, Fausthieben und Schlägen auf das Gesäß mit Stock oder Teppichklopfer. Alle Vorfälle sollen sich in den siebziger und achtziger Jahren abgespielt haben, damit wären sie heute verjährt. Das Bistum Augsburg weist die Vorwürfe weiterhin zurück, bezeichnet sie als "Versuch der Diffamierung" und behält sich rechtliche Schritte vor. Eine falsche eidesstattliche Erklärung kann mit bis zu drei Jahren Haft bestraft werden. "Kein Problem", sagt Hildegard Sedlmair, 48, die nach eigenen Angaben mehrmals von Mixa geschlagen wurde, "ich sage Herrn Mixa vor Gericht gerne ins Gesicht, was er mir angetan hat."


Anmerkung: Es ist schon merkwürdig, daß in der Öffentlichkeit fast nur die Schandtaten von Männern, wie in diesem Fall von Bischof Mixa, Empörung auslösen, die Taten von Frauen, wie den Nonnen in diesem Heim, aber untergehen. Über 90 % der Erzieherinnen in Deutschlands Heimen aber waren Frauen und sie waren es die mehrheitlich schlimmste Gewalt gegen die Schutzbefohlenen ausübten ….

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