Donnerstag, 14. Oktober 2010

Deutsche Leitkultur?



Allenthalben nehmen reaktionäre deutsche Politiker jetzt die Worte von der „Deutschen Leitkultur“ in den Mund. Diese „Leitkultur“ soll vor „negativen“ Einflüssen von außen bewahrt werden. Fragt man nach was eigentlich unter diesem „Deutschen“ verstanden wird, dann herrscht Schweigen. Es wäre ja schön, wenn unter „Deutscher Leitkultur“ die hervorragenden künstlerischen Leistungen eines Goethe, eines Beethoven, eines Schlingensief oder die gesellschaftspolitischen Leistungen eines Thomas Müntzer, eines Wilhelm Reich oder eines Rudi Dutschke verstanden würden, doch diese Leistungen entstanden eben nicht aus der Mitte des deutschen Volkes heraus, sondern sogar gegen den Widerstand der deutschen Kultur, die in der Breite immer eine spießbürgerliche war.

Sind wirklich deutsche Charaktereigenschaften es wert, daß man um deren Überleben bangt, sich in einer deutschen Wagenburgmentalität wiederfindet, eine deutsche Volksgemeinschaft beschwört, die es nie gegeben hat. Das propagierte deutsche Volkstum ist eine Mär und hätte es nicht völkische Einflüsse von Außen im Laufe der Geschichte gegeben, dann sähe es noch schlechter aus mit der deutschen Mentalität. Holländer und französische Hugenotten brachten den Deutschen erst Modernität und freieres Denken in das bis dahin dumpfe deutsche Volk, ein Volk welches sich noch im 30jährigen Krieg gegenseitig abschlachtete.

Man hat jetzt Angst vor „Überfremdung“? Ja will man denn in den sogenannten deutschen „Tugenden“, im Mief der deutschen Gehässigkeit, der Obrigkeitshörigkeit, der Liebe zu Vorschriften auf allen Gebieten und der miesen deutschen Volksmentalität verbleiben, einer Mentalität die den Deutschen in der Welt den Beinamen des „hässlichen“ Deutschen eingebracht hat?

Nur ein Beispiel wie abstoßend typisch deutsche Volksmentalität auf diejenigen wirkt, die sich zu diesem Deutschtum nicht bekennen:

Dieser Tage traf ich einen ehemaligen Nachbarn. Früher war er wie Millionen anderer ostdeutscher Opportunisten in der SED und haute immer mächtig auf den „sozialistischen“ Putz. Über zwanzig Jahre lang hatte ich ihn nicht mehr gesehen und wir wechselten ein paar Worte. Ihm geht es mehr als gut, sowohl er, wie auch seine Frau, haben sehr gute Renten und als über 70jähriger ist er auch noch gesundheitlich topfit. In unserem Gespräch regte er sich über die faulen Arbeitslosen auf, die seiner Meinung nach mehr angetrieben werden müssten, da sie ja auf Kosten der anderen Bürger leben würden. Daß seine fette Rente ebenfalls von Bürgern aufgebracht werden muß, dies ignorierte er vollkommen, stattdessen Treten auf diejenigen die am wenigsten vom großen Volkskuchen abbekommen. Er hatte Glück, konnte vorzeitig in eine gute Rente gehen, was die heutigen Menschen nicht mehr können, wenn sie nicht gerade im öffentlichen Dienst arbeiten, und wäre er 20 Jahre jünger, hätte es ihm leicht selber passieren können, daß er in einer 1-Euro-Job-Brigade, wo er Zwangsarbeit hätte leisten müssen, gelandet wäre. Es haute mich fast um als dieser ehemalige SED-Genosse mit Empörung in der Stimme erzählte, daß im Wald an seinem Eigenheim eine 1-Euro-Job-Brigade arbeiten würde und wie er mit seinem Fernglas feststellen müsse, würden sie sich mehr auf ihre Hacken aufstützen als mit diesen zu arbeiten. Er hätte schon bei übergeordneten Stellen deshalb angerufen, aber es würde sich nichts wesentliches ändern.

Da ist sie wieder, die typisch deutsche Mentalität, wo nach unten getreten wird und nach oben gekatzbuckelt, wo zu gern die Ärmsten der Armen durch Anleiern schikaniert werden. Es hat sich nichts an der miesen Mentalität dieser deutschen Spießbürger geändert. Unter dem Kaiser zeigten diese Deutschen ihre Mitbürger beim Schutzmann an wenn diese im Sommer an einem einsamen Waldteich wenig bekleidet badeten, da dies gegen die „guten“ Sitten verstieß. Unter Hitler noch schlimmer, da feierte die deutsche Blockwartmentalität Triumphe. Zehntausende Mitbürger wurden von ihren deutschen „Volksgenossen“ angezeigt, weil sie am sogenannten Eintopftag etwas anderes zu Mittag aßen als eben diesen Volkseintopf. Und obwohl die Anscheißer wußten, daß ihre Mitbürger ins KZ kamen, zeigten sie diese an wenn sie sogenannte Feindsender im Radio hörten. Ganze Heerscharen lauschten an der Wand ob nicht der Nachbar dies tat, um ihn dann ins KZ bringen zu können. Ja und was die Millionen Stasipitzel, SED-Genossen und Konsorten zu DDR-Zeiten mit ihren Mitbürgern trieben, dies ist hinlänglich bekannt: Kontinuität deutscher Mentalität vom Kaiserreich bis jetzt. Und diese deutsche Leitkultur soll erhaltenswert sein? Die Kultur der Sinti und Roma hält man gar für minderwertiger als diese sogenannte deutsche Leitkultur, die hauptsächlich durch das deutsche Spießbürgertum mit ihren unsolidarischen Verhaltensweisen bestimmt wird?

Von dem ehemaligen Nachbarn verabschiedete ich mich mit den Worten, daß er froh sein könne, daß die von ihren deutschen Mitbürgern unterdrückten 1-Euro-Jobber wie die naiven Schafe sind, die sich brav zur Schlachtbank führen lassen, Franzosen z.B. die hätten sich dieses deutsche Denunziantentum nicht gefallen lassen, da hätte eventuell so eine Hacke zu etwas anderem genutzt als nur mit ihr Erde zu hacken oder sich auf sie zu stützen.

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