Sonntag, 30. Januar 2011

Hanna Stirnemann (1899-1996) als Lyrikerin

  

Die erste weibliche Museumsdirektorin in Deutschland war Hanna Stirnemann (1899-1996). 1930 übernahm sie die Leitung des Stadtmuseums Jena. Hanna Stirnemann war Studentin bei Prof. Paul Frankl in Halle gewesen, siehe: http://barrynoa.blogspot.com/2008/04/bn-und-professor-paul-frankl.html . Zu diesen Studenten von Paul Frankl zählte auch Walter Timmling, über den ich im Blog ja schon sehr viel geschrieben habe, so auch in den Blogbeiträgen des Januar 2011 und des Dezember 2010. Ältere Blogbeiträge finden Sie in der Linksammlung unter:

http://barrynoa.blogspot.com/2011/01/literaturhinweise-zu-walter-timmling.html .

In der Zeit ihrer Studentenschaft schrieb Hanna Stirnemann Gedichte. Auch später versuchte sie sich ab und an als Lyrikerin. Im Archiv der Weltloge Tanatra sind zwei dieser Gedichte vorhanden, die ich heute einmal für die Blogleser veröffentliche um sie nicht dem Vergessen anheim fallen zu lassen. Ebenfalls in diesem Archiv befinden sich auch zwei alte bislang unveröffentlichte Fotos von Hanna Stirnemann. Das erste Foto zeigt sie als Studentin in den Räumen des Kunsthistorischen Institutes der Uni Halle in den 20er Jahren (Foto: Hans Jänicke, ein Mitstudent). Das zweite Foto (mit ihrem Hund und ihrer Katze) ist in den 30er Jahren aufgenommen worden (Foto: unbekannter Fotograf).

Mitte der 80er Jahre forschte ich zu Hanna Stirnemann. Daß Anfragen zu offiziellen Stellen in der DDR oft ins Leere gingen, dies zeigte z.B. meine Anfrage nach Jena. In der Antwort, die ich heute auch eingescannt habe, klang immer noch der Vorwurf der „Republikflucht“ mit.
Auf den Seiten einer Burschenschaft entdeckte ich folgenden Artikel:
http://www.normannia-nibelungen.de/article-129-fahne-der-jenenser-urburschenschaft.html :
„…Nach Webers Tod wurde die Kunsthistorikerin Hanna Stirnemann, die den Bauhaus-Künstler Otto Hofmann heiratete, die erste Museumsdirektorin Deutschlands. Der Pädagoge Werner Meinhof - Vater von Ulrike Meinhof - trieb ganz im Geiste der Nazis Ahnenforschung und entdeckte, dass die Direktorin "jüdisch versippt" war (Otto Hofmann im TLZ-Interview). Hanna Stirnemann wurde 1934 entlassen, Meinhof erklomm den Chefposten 1937…“

Auch hier werden unkritisch die Thesen vertreten, deren sich auch die Publizistin Jutta Ditfurth bedient, daß Meinhof (http://barrynoa.blogspot.com/2009/03/bn-und-dr-werner-meinhof.html ) sie als Jüdin denunziert hätte. Wieso Otto Hofmann, ein früherer Bauhäusler des Bauhauses Dessau, dies in einem Interview behauptet hat, weiß ich nicht, jedenfalls sind solche Äußerungen von Hanna Stirnemann selbst nie gekommen. Daß Hanna Stirnemann jüdische Vorfahren hatte, dies war seit ihrer Studentenzeit bekannt, daraus hatte sie nie einen Hehl gemacht. Dies bedurfte also einer angeblichen Ahnenforschung von Meinhof absolut nicht. Fakt ist auch, daß Hanna Stirnemann zwar nicht mehr im öffentlichen Dienst arbeiten durfte, aber sie überlebte die Nazizeit, ab 1938 in der thüringischen Stadt Hainichen, und wurde nicht inhaftiert, deportiert, oder gar schlimmeres. Auch zu Werner Meinhof, ihrem Nachfolger im Amt des Direktors des Stadtmuseums Jena, bestand bis zumindestens 1936 ein durchaus freundschaftlich zu nennendes Verhältnis.

Samstag, 29. Januar 2011

Erinnerung an Carl Napp (1890-1957)


Es ist interessant wie manche Wörter und Redewendungen von jüngeren Menschen oder Menschen aus einem anderen sozialen Umfeld nicht mehr gedeutet werden können. Es passiert mir eigentlich laufend, daß ich Worte erläutern muß, die mir selbstverständlich sind, die aber scheinbar für manche Menschen total fremd sind. So ist mir zum Beispiel der Ausdruck für einen ulkig aussehenden Menschen, sei es in der Kleidung oder in seinem Gebaren, geläufig, ihn mit „Carl Napp“ zu bezeichnen, etwa so: „Na, der sieht ja aus wie Carl Napp!“ Ich selbst kannte Carl Napp gar nicht, dachte als Kind überhaupt nicht daran, daß es eine reale Person diesen Namens überhaupt gab, nahm an, daß „Carl Napp“ einfach ein Fantasiename wäre, ein lustiges Wort für einen blöd aussehenden oder sich blöd kleidenden  Menschen. Daß Carl Napp ein Komiker in den 30er Jahren war, dies erfuhr ich sehr viel später. Sogar ältere Leute, die den Namen „Carl Napp“ in den Mund als Synonym nahmen, konnten oft die Herkunft nicht erklären, so fest hatte sich dieser Name als Synonym eingeprägt, um nun allerdings vollends zu verschwinden. Zeit also, an den realen Carl Napp mal wieder zu erinnern, was ich hiermit tue: http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_Napp und Foto von Carl Napp mit seinem Spitz.

Freitag, 28. Januar 2011

Beiträge zur anhaltischen Mundart - Teil 13: Karl Wittig

 

In den 30er Jahren machte der Dessauer Grafiker Karl Wittig (1900-1978) als anhaltischer Mundartautor von sich reden. Neben Geschichten in Zeitungen erschienen beim Verlag Martin Salzmann, Dessau auch Bücher in anhaltischer Mundart. Bekanntestes Buch ist „De Muldepiratn uff jroße Fahrt“ (Die Muldepiraten auf großer Fahrt), 2005 wurde es als Reprint noch einmal bei der Anhalt-Edition verlegt. Karl Wittig schrieb auch als Karlchen-Dessau, oder auch nur unter dem Namen Karlchen. Bekannt sind heute auch noch seine von ihm illustrierten Heinzelmännchen-und Wichtelbücher, die in den 50er Jahren erschienen. Wenn diese auch nicht zur Mundart gehören, so möchte ich sie zur Kenntnisnahme dennoch mit vorstellen.


Donnerstag, 27. Januar 2011

Walter Timmlings Dresdener "Kleine Straßenszene" von 1936


Seit der Erfindung der Fotografie haben Maler immer mal wieder diese zu Hilfe genommen, nicht um plump ein Foto abzumalen, sondern ein Foto wie eine Skizze behandelnd. Bei Durchsicht meiner Unterlagen zu Walter Timmling stellte ich fest, daß sein Aquarell „Kleine Straßenszene“ von 1936 ein Foto von Timmling zur Vorlage hatte. Timmling fotografierte nicht sehr viel, obige Dresdener Straßenszene kann ihm zugeschrieben werden. Daß das Aquarell aber viel interessanter ist, er als Künstler ein wunderbares Bild schuf, etwas ausdrückte was das Foto nicht hergibt, dies sieht man schon daran wie er Personen zuordnete, Bäume, Häuserzeile, Auto und die Litfaßsäule geradezu komponierte – ein zauberhaftes Bild!  

Silli Schulte-Bäuminghaus - Dresdener Schönheitskönigin in den 20er Jahren


Schönheitsköniginnen und Mißwahlen gab es in Deutschland seit 1927. Die Nazis verboten dies, sahen es als „undeutsch“ an. Das Gleiche dann bei den Rotfaschisten im SED-Staat DDR, diesmal nicht wegen des „Undeutschen“ sondern aus kleinbürgerlicher Verklemmtheit und Körperfeindlichkeit heraus. Im Westdeutschland der 50er Jahre waren die Mißwahlen ein gesellschaftliches Ereignis, allerdings wetterten die moralinsauren Kirchen gegen die „Fleischbeschau“. Erotik und Körperlichkeit waren ja den Kirchen schon immer ein großes Feindbild. In den 70er Jahren bekämpften aus denselben Gründen die Feministinnen diese Veranstaltungen. Sah man sich diese Flintenweiber an, dann wußte man warum. Es war der pure Neid auf Schönheit und Sexappeal der Mißbewerberinnen, allerdings sprachen dies die Emanzen um eine Alice Schwarzer nicht aus, sondern faselten von der „Würde der Frau“, die angeblich durch Zeigen des Körpers verletzt würde. Mit dieser verqueren Ansicht reihten sich diese Feministinnen in das große Heer der Prüderiefront ein, deren größte Vertreter derzeit die Islamisten sind, die sogar kleine Mädchen in Verhüllungen zwängen, siehe kopftuchtragende Mädchen an deutschen Schulen.

Ende der 1920er Jahre nahm eine gute Freundin der Timmlings (siehe bisherige Beiträge über Timmling) auch an der deutschen Mißwahl teil. Als sächsische Vertreterin gewann sie zwar nicht den Wettbewerb, war aber dennoch für die Dresdener „ihre“ Schönheitskönigin. Die Dame hieß Silli Schulte-Bäuminghaus, ihre Lebensdaten sind mir leider nicht bekannt, konnte diese auch nicht ermitteln. Schon aus diesem Grund, da sie scheinbar dem Vergessen anheim gefallen ist, wollte ich an sie erinnern. Zwei alte Fotos zeigen sie auf Aufnahmen von 1936, obwohl nicht mehr jung, aber immer noch attraktiv. Rechts ein Foto welches sie auf der Gartenbauaustellung 1936 in Dresden zeigt, welche sie zusammen mit ihren Bekannten Charlotte und Walter Timmling besucht hatte. Der Fotograf ist mir unbekannt. Das untere Foto, eine Straßenszene bei Regen, 1936 in Dresden, stammt von Silli Schulte-Bäuminghaus. Wie man sieht war sie auch eine gute Fotografin.

Dienstag, 25. Januar 2011

Wikipedia - das Internet-Lexikon der Falschinformationen

Wikipedia gilt weltweit als „das“ Lexikon überhaupt. Wenige Benutzer wissen allerdings, daß Wikipedia zu benutzen mehr als unwissenschaftlich ist. Jeder Laie, jeder Scherzbold darf an den Beiträgen rum fuhrwerken und es stehen oft Dinge in den Beiträgen die haarsträubend sind. Das eigentlich Schlimme ist, daß, wenn man auf eklatante Fehler aufmerksam macht, Wikipedia-Administratoren es besser wissen und die offenkundigen Falschinformationen bleiben im Artikel. Spricht man Wissenschaftler an, dann schmunzeln die nur, sie wollen mit Wikipedia nichts zu tun haben, da hochgradig unwissenschaftlich.

Ich habe mal drei Beispiele heraus gesucht wo ich mich wirklich auskenne, einmal meine eigene Person, der Maler Walter Timmling und Wituland. Daß ich auf diesen Gebieten Experte bin, dies wird mir in seriösen Kreisen nicht abgesprochen, Wikipedia setzt allerdings leider auf Scharlatane.

Erster Fall: Ich bin am 8.8.1951 geboren. Kann eine Geburtsurkunde mit diesem Datum vorlegen und einen dementsprechenden Personalausweis. Wikipedia sieht das allerdings anders. Da schreiben Leute über mich, die mich überhaupt nicht kennen und da bleibt es bei deren Ansicht, daß ich am 8.8.1961 geboren wurde. Einspruch zwecklos, es bleibt bei dieser Falschinfo! Ja und was meine Publikationen anlangt, da wies ich darauf hin, daß ich auch noch ein Cartoon-Buch „Erotische Ergüsse“ heraus brachte. Gestrichen, aus unerfindlichen Gründen! Ob da einem der Schreiber meine Cartoons zu erotisch waren? Wer weiß! Nur mit Informationspflicht hat das überhaupt nichts zu tun. Na dann bin ich halt 10 Jahre jünger, der Klügere gibt nach! Auch meine versuchte Richtigstellung, daß ich seit etlichen Jahren schon kein Kunsthändler mehr bin, die wurde in den Wind geschlagen. Wikipedia bleibt dabei, ich bin immer noch Kunsthändler, basta! Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Bernd_Nowack

Zweiter Fall: Da kann man bei Wikipedia lesen, daß die Gebrüder Denhardt (Deutsch-Witu) 150 000 Goldmark als Entschädigung für ihre Besitzung in Afrika vom Deutschen Reich bekommen hätten. Schwachsinn hoch drei! X-mal wies ich darauf hin, daß zwar diese 150 000 Goldmark damals vom Deutschen Reich den Denhardts angeboten wurden, diese lehnten aber ab, da sie diesen Betrag zu gering fanden. Letztendlich gingen sie gänzlich leer aus, durch den verlorenen 1. Weltkrieg. Dieser Fakt ist wirklich allen Historikern bekannt, da gibt es nicht das Geringste dran zu deuteln, kann auch mit Dokumenten belegt werden, aber Wikipedia bleibt bei dieser Falschmeldung, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Clemens_Denhardt , da nutzte auch meine Klarstellung auf der Diskussionsseite wenig, siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Diskussion:Clemens_Denhardt

Dritter Fall: Noch absurder wird es bei Walter Timmling (http://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Timmling ). Da streitet ein Schreiber die Schülerschaft Timmlings bei Dix ab, ein dementsprechender richtiger Passus wurde einfach heraus genommen, ja der ganz Beitrag über Timmling wegen fehlender Belege infrage gestellt (?!?). Von diesen Schreibern kennt sich nicht einer mit Timmling aus und Dokumente die den Wahrheitsgehalt belegen, die werden nicht zur Kenntnis genommen. Die Weltfremdheit eines Schreibers gipfelte darin, daß er die Schülerschaft Timmlings bei Dix schon deshalb infrage stellte, da er sich nicht als Student an der Akademie eingeschrieben hatte. Keinerlei historische Kenntnisse dieser Mann! 1927 war es für einen Dr. der Kunstwissenschaft, der Timmling damals schon war, schlechterdings unmöglich sich noch einmal als kleiner Student einzuschreiben, allen Spätberufenen blieb nur eine private Schülerschaft, alles andere wäre unmöglich gewesen. Man kann vorlegen was man will, Beweise über Beweise vorlegen, Schreiben von Dr. Fritzsche, dem bekannten Kunstwissenschaftler, der 1927 von der ersten Begegnung Timmlings mit Dix schrieb oder einem Originalzettel von Dix, daß er dann und dann vorbei kommen würde, alles das interessiert nicht, Laien wissen es besser: Der große Dix wäre nie zu einem Schüler gegangen, nur umgedreht! Daß Timmling schon damals kein kleiner Schüler war, sondern schon 1923 sein vielgelesenes Buch „Kunstgeschichte und Kunstwissenschaft“ bei Koehler &.Volckmar erschienen war, also auch ein Dix zu so einem Schüler durchaus auch in dessen Atelier kam, dies können Wikipedia-Schreiber nicht nachvollziehen, da ihnen die Kenntnisse fehlen. Man kann das Ganze dort nur als Laientheater bezeichnen und größter Tummelplatz von Falschinformationen.

Montag, 24. Januar 2011

Beiträge zur anhaltischen Mundart - Teil 12: Leo Löwenthal


Daß die Synagoge im anhaltischen Gröbzig die Nazizeit heil überstanden hatte, dies lag nicht daran, daß dort couragierte Bürger sich für den Erhalt eingesetzt hätten, gar den jüdischen Mitbürgern beigestanden hätten, nein, es lag einzig und allein daran, daß in Gröbzig schon 1934 fast keine Juden mehr wohnten und die Synagoge mit Nebengebäuden seit 1934 dem Gröbziger Heimatverein gehörte. Daß die Anhalter bessere Deutsche gewesen wären als der Rest des Volkes, dies kann man leider nicht sagen. Deutscher Fremdenhass wurde auch in Gröbzig in der Nazizeit ausgelebt, der jüdische Friedhof wurde geschändet und die Leichenhalle abgerissen. Daß die Fremdenfeindlichkeit tief in den Deutschen steckt und keineswegs auf die Nazizeit beschränkt, dies beweisen Antisemitismus, Diskriminierungen von Sinti und Roma, Überheblichkeit gegenüber anderen Völkern und Rassen, wie Polen oder schwarzhäutigen Menschen, vor und nach der Nazizeit.

Die Schändungen des jüdischen Friedhofs in Gröbzig zeigen es, sowohl in der DDR-Zeit wie auch in neuerer Zeit wütete der deutsche Mob: „Bereits in den 1980er Jahren gab es mindestens drei Friedhofschändungen. Auch im Juni 1998 wurde der Friedhof geschändet; dabei wurden 21 Grabsteine umgeworfen. Im Juni 1999 wurden bei einer erneuten Schändung 64 Grabsteine umgeworfen.“ - so nachzulesen bei http://www.alemannia-judaica.de/groebzig_friedhof.htm .

Wer meint, daß diese negativen Eigenschaften der Deutschen im Laufe der Zeit überwunden wären, muß feststellen, daß dies nicht der Fall ist. Da werden weiterhin Sinti und Roma als „Gesindel“ bezeichnet, Polen als arbeitsscheu - man spricht verächtlich von „polnischer Wirtschaft“ - und als vor zwei Jahren ein afrikanischer Asylbewerber in einer Dessauer Arrestzelle qualvoll verbrannte, da hielt sich das Mitgefühl der Deutschen in erschreckenden Grenzen - ganz im Gegenteil, da konnte man bei Gesprächen von Bürgern Sprüche hören, wie „hätte der sich anständig benommen, dann hätte man den Schwarzen nicht in Arrest genommen und er wäre nicht verbrannt!“ Fragt sich da wer da das Gesindel ist, Sinti und Roma oder diese Deutschen? Anständig benommen? Meint man da den preußischen Kadavergehorsam während der Nazizeit oder der SED-Zeit? Da hielt man wahrscheinlich Millionen von ehemaligen SED-Genossen für „anständiger“ als afrikanische Asylbewerber, dies wo jeder mitbekam wie diese „Anständigkeit“ aussah – von der Krippe bis zur Bahre kollektivistisch im preußischen Ungeist reglementiert.

Der jüdische Gröbziger Kaufmann und Heimatdichter Leo Löwenthal hatte das Glück der frühen Geburt und des frühen Todesdatums (1855-1925), so mußte er die extremen Diskriminierungen und die Vernichtungen gegenüber „Nichtariern“ der Nazizeit nicht erleben, aber auch er berichtet von der ständigen Mißstimmung der Deutschen gegenüber ihren jüdischen Mitbürgern. Leo Löwenthal der „Nichtarier“ war größerer Heimatfreund als die meisten Gröbziger. In seinen Anekdoten und Geschichten setzte er seiner Heimatstadt und der anhaltischen Mundart ein bleibendes Denkmal. Noch heute spricht man von Gröbzig von Juden-Gröbzig und dies auch in anhaltischer Mundart, „Juhn-Jreebz`ch“, und nimmt Bezug auf Leo Löwenthal und die noch erhaltene Synagoge. Dieses „Juden-Gröbzig“ kommt dann allerdings selten mal positiv herüber, die wunderbaren kulturellen Leistungen der früheren jüdischen Mitbürger würdigend oder das schriftstellerische Werk des größten Gröbziger Heimatdichters ehrend, sondern eher deutschtümelnd, abwertend.

Als Scan die Sammlung von Anekdoten und Geschichten von Leo Löwenthal: „Jreebz`jer Allerlei“ (Gröbziger Allerlei).

Sonntag, 23. Januar 2011

Ein kurioses Schild: "Oberwiesenthal, Stadt des Nacktrodelns"



Wenn man nach Aken fährt und dort den Akazienteich besuchen will, dann kommt man unweigerlich an einem recht kuriosen Schild vorbei "Oberwiesenthal, Stadt des Nacktrodelns". Neugierig geworden googlete ich und stieß auf viele Eintragungen diesbezüglich, siehe auch: http://www.mdr.de/sachsen/chemnitz/7073508.html . Daß es nichts geworden ist mit dem Nacktrodeln konnte man sich denken, bei den spießbürgerlichen Bürgern dort. Eigentlich war es ja sowieso Etikettenschwindel, denn nackt sollte eh nicht gerodelt werden dürfen, sondern nur busenfrei. Daß "oben ohne" für die Weiblichkeit ein alter Hut ist, dies schien sich bis dorthin noch nicht rumgesprochen haben. Gebirgler denkt eben noch in moralischen Kategorien des 19. Jahrhunderts. Oder hatten die Oberwiesenthaler Angst , daß die Damen sich erkälten könnten? Wenn dem so wäre, dann müßte Eisbaden ebenso nicht gestattet sein. Wie aber nun dieses Schild nach Aken kam, dies entzieht sich meiner Kenntnis. Der Akazienteich bei Aken ist im Sommer ein beliebter Badesee. Wie wäre es denn, wenn statt für Nacktrodeln in Oberwiesenthal zu werben, am Akazienteich das Nacktbaden gestattet würde? Zu DDR-Zeiten waren jedenfalls die Seen wo FKK möglich war, entschieden mehr als heutzutage. Na vielleicht sieht man bald ein Schild dort: "Aken, die Stadt des Nacktbadens"!

Freitag, 21. Januar 2011

Porträts von Walter Timmling


Als Ergänzung der bisherigen Blogbeiträge zu Walter Timmling heute Porträts von ihm. Es beginnt mit einem Kinderfoto aus dem Jahre 1904, Timmling war da 7 Jahre alt, dann drei Fotos die ihn ca. 1930 zeigen. Auf dem ersten Foto (mit einem Hund) der zweiten Scanserie sieht man Timmling in der Nähe von Oldenburg (Halbinsel Butjadingen) 1937. Das rechte Foto zeigt seinen Freund Dr. Wolfgang Schütte (http://barrynoa.blogspot.com/2010/11/erinnerung-den-architekten-dr-wolfgang.html) vor einem gemalten Selbstporträt Timmlings. Das Foto nahm Walter Timmling mit dem Fotoapparat Dr. Schüttes im März 1945 auf. Schütte sitzt auf dem Platz Timmlings in der Bibliothek der Sicherungsverwahrung in der Landesheilanstalt Stadtroda. Timmling hatte in der Sicherungsverwahrung den Posten eines Bibliothekars bekommen und konnte dort auch malen. Ich hatte ja die Möglichkeit mit Dr. Schütte zu DDR-Zeiten zu sprechen (siehe obigen Link) und war verwundert, daß es im März 1945 noch möglich war Insassen der Sicherungsverwahrung einfach so zu besuchen, ich  hatte immer Vorstellungen von Grausamkeit und grauenvollsten Bedingungen im Kopf. Dr. Schütte verneinte das. Es war bis Ende März 1945 möglich Insassen dort zu besuchen und es war durchaus nicht so, daß alle Insassen dort eingesperrt waren, die Bibliothek zum Beispiel hatte keine Gitter und viele dortige Insassen, auch die Sicherungsverwahrten, kamen zu den Freistunden in die Bibliothek um sich dort Bücher auszuleihen und dies ohne Bewachung. Timmling kannte dort viele Sicherungsverwahrte, aber ihm war nicht bekannt, daß es seitens des Aufsichtspersonals zu größeren Grausamkeiten gekommen wäre. Das gleiche galt für die Zeit seines Gefängnisaufenthaltes.

Die beiden kleinen Fotos machte Dr. Schütte von Walter Timmling bei diesem Besuch im März 1945. Timmling sitzt dort auf seinem Arbeitsplatz der Bibliothek. Auf dem Fensterbord ein Blumentopf. Auch darüber hatte ich mich bei den Gesprächen mit Dr. Schütte gewundert, da ich annahm, daß die Nazis derartige Dinge den Insassen nicht gestattet hätten. Aber auch da mußte mich Dr. Schütte revidieren, Blumentöpfe waren in den Zellen keine Seltenheit, wenngleich nicht alle derartige Dinge haben durften. Blumentöpfe konnten z.B. von den Besuchern mitgebracht werden und die Gefangenen konnten diese auch in ihren Zellen behalten. Timmling durfte auch in der Haft malen. Wie mir Dr. Schütte berichtete, mußten allerdings die Farben, Pinsel etc. von Besuchern gebracht werden, für derlei Sachen hatten die Gefängnisse und Anstalten in der Nazizeit keine Mittel über. Es gab keine größeren Probleme für Timmling dort zu malen und viele aussagekräftige Bilder entstanden in seiner langen Haftzeit. Allerdings gingen viele dieser Bilder in den letzten Kriegstagen verloren. Das letzte Foto zeigt ein so entstandenes Selbstporträt Timmlings in Tempera, 1944 gemalt. 

Donnerstag, 20. Januar 2011

Walter Timmlings Aquarelle vom Jahrmarktstreiben auf der Dresdener Vogelwiese 1936



Walter Timmling liebte Jahrmärkte, Rummel und kleine Zirkusse und malte natürlich derlei Szenen. Die Jahrmärkte in den 20er und 30er Jahren hatten noch den malerischen Charme der heutigen Veranstaltungen dieser Art abgeht. Walter Timmling war geradezu süchtig nach diesen Vergnügungen des kleinen Mannes, nicht um daran teilzunehmen, sondern wie es Künstlerart ist, Farben, Geschehnisse, Menschengesichter in sich aufzusaugen, um diese dann künstlerisch zu verarbeiten.

1936 malte er eine Serie von Jahrmarktszenen in Aquarelltechnik, dies nach Besuchen auf der traditionsreichen Dresdener Vogelwiese, einem großen Jahrmarkt. Diese Aquarelle sind wunderbar, sowohl in in der Wiedergabe des damaligen Geschehens wie auch in den Farben. Von der Serie kann ich heute einige Bilder vorstellen, leider etliche nur in alten Schwarzweiß-Fotos. Zu den meisten Bildern kenne ich durch meine frühere Tätigkeit bei der Kunsthistorikerin Charlotte Timmling noch die Hintergründe. Charlotte Timmling begleitete ihren Mann bei seinen Jahrmarktbesuchen und war auch bei der Entstehung der Bilder interessierte Partnerin. Typisch auf dem ersten Bild, die Marktschreier an einer Bude, die sowohl Boxkämpfe, wie auch Kraftmeiertypen anpries. 1936 zwar nicht mehr groß in Mode, aber von ärmeren Kindern noch immer getragen, die Matrosenanzüge der Knaben und die Strohhüte der Mädchen. Dann, mit einer riesigen Kochmütze, die auffallen sollte, der Italiener mit seinem Eisstand. Damals war der Verkauf von „Lecker“-Eis noch voll in der Hand der Italiener. Deutsches Eis kam bei weitem noch nicht an die Eisqualität der Italiener heran. Drittes Bild: Zwei Knaben in kurzen Hosen und der eine hält stolz seine Eistüte, im Hintergrund ein Riesenrad, was damals überhaupt noch nicht „riesig“ war. Ja und dann das Aquarell mit den beiden Akrobatinnen, deren Gelenkigkeit damals erstaunte, diese Darbietung heute aber keinen mehr hinter den Ofen hervor locken würde. Treffend dargestellt der Mann links im Bild, den man geradezu laut schreien hört, mit viel Brimborium der Darbietung mit Worten den Nimbus einer Weltnummer gibt. Dann ein Bild mit einer Dame in der Schießbude, im Vordergrund ein Luftgewehr haltend und sie mit einer kecken Feder im schwarzen langen Haar. Die Timmlings nannten die gemalte Schießbudendame damals scherzhaft „Miß Ellinor“. Zauberhaft das Aquarell von dem Inneren einer Schaustellerbude mit einem Schlangenbeschwörer auf der kleinen in gelbem Licht erstrahlten Bühne, dazu Kinder wie sie in typischer Haltung um einen Mast herum stehen, ein Junge männlich tuend, breitbeinig, der andere Junge sich an den Mast festhaltend und das Mädchen in einem weißen Kleid, blond, mit damals weit verbreiteter Haarfrisur. Das Bild darunter, eine dieser Buden von Außen, mit Kasse, einem kraftmeierischen Marktschreier und Besuchern die im Begriff sind sich die Vorstellung in der Jahrmarktbude anzuschauen. Das letzte Bild ist eine großartige Darstellung einer Zirkusvorstellung, wie sie in einem kleinen Minizirkus früher so war, in der Mitte ein Clown mit einem Affen, der die Zuschauer in die Darbietung mit einbezieht und im Hintergrund in einem engen Käfigwagen ein trauriger Braunbär, von Besuchern begafft. Der Reiz dieses Aquarells liegt jetzt, fast 75 Jahre später, auch in den Rückansichten der Zuschauer, die erwachsenen Zuschauer mit typischen 30er-Jahre-Hüten, die Mädchen mit „deutschen“ Zöpfen und die Knaben in kurzen Hosen – ein Kleinbürgeridyll welches eine Auszeit von der „neuen Zeit“ nimmt, einer Zeit mit preußischem Drill unter dem Hakenkreuz, wo relativ freies Schaustellerleben immer weniger geduldet war.

Mittwoch, 19. Januar 2011

Walter Timmling und das Kunstmuseum Schloß Weesenstein


Nach Verbüßung seiner Haft (er wurde 1938 zu 5 Jahren Gefängnis verurteilt) kam Walter Timmling (siehe bisherige Blogbeiträge), aufgrund der 1933 von den Nazis geschaffenen Sicherungsverwahrungsgesetzgebung, auf unbestimmte Zeit in geschlossene Einrichtungen nach Stadtroda und Ichtershausen. Nur wegen des Kriegsendes und dem Ende des Nazi-Unrechtsstaates kam er 1945 frei. Die Alliierten schafften diese Nazigesetzgebung selbstverständlich ab. Allerdings wurde diese faschistische Gesetzgebung später wieder in Westdeutschland eingeführt, dies in abgemilderter Form, um vor ein paar Jahren rigoros verschärft und wieder mit der Möglichkeit der nachträglichen Sicherungsverwahrung eingeführt zu werden, siehe auch:  http://barrynoa.blogspot.com/2010/05/bundesrepublik-deutschland-ein.html .

Erst vor ein paar Tagen rügte zum wiederholten Male der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte die Bundesrepublik Deutschland für die immer noch nicht abgeschaffte Praxis dieser Gesetze, die 1933 eingeführt wurden. Wie schon 1933 wird diese gegen allgemeines Menschenrecht verstoßende Praxis in Deutschland, 65 Jahre nach dem Ende der Naziherrschaft, von einem großen Teil der Deutschen geduldet, und dies nicht nur von dem rechten deutschtümelnden Plebs. Aus der Vergangenheit nichts gelernt, kann man da nur sagen!

1945 kam Timmling frei. Der Großteil seiner Bilder war 1945 beim Bombeninferno in Dresden verbrannt. Nach einem Zwischenaufenthalt in Struppen zog Timmling mit seiner Frau nach Weesenstein. Charlotte Timmling arbeitete als Lehrerin und er wieder als freischaffender Maler. Da er schon 1948 starb, hatte er nur eine kurze Schaffensperiode dort in Weesenstein, trotzdem entstand dort eine Vielzahl an Bildern. Ende der 1970er Jahre übereignete Charlotte Timmling etliche Werke Timmlings dem dortigen Kunstmuseum Schloß Weesenstein. Weitere sollten folgen, doch dazu kam es durch den Tod Charlotte Timmlings 1984 nicht mehr. 1986/87 führte ich einen Briefwechsel mit dem Kunstmuseum und dankenswerter Weise stellte mir das Kunstmuseum eine Aufstellung der sich im Besitz des Museums befindlichen Bilder Timmlings zur Verfügung, ebenso eine Aufstellung der Bilder die nach dem Willen Charlotte Timmlings eigentlich noch dort hin kommen sollten. Für Freunde der Kunst Timmlings heute besagte Aufstellungen und ein altes Foto eines Oelbildes von Walter Timmling, 1947 gemalt (Blick auf Weesenstein von der Schule aus), ein Bild welches ebenfalls nach Weesenstein sollte, jetziger Verbleib unbekannt.

Montag, 17. Januar 2011

Erinnerung an Hermann Klemm (1904-1983), Theologe und Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus

Am 8. September 2006 bat Herr von Bodenhausen (Weltloge Tanatra) im Forum der sächsischen lutherisch-evangelischen Landeskirche um Auskünfte zu dem Weesensteiner Pfarrer Hermann Klemm. Fehlanzeige! Die sächsische lutherisch-evangelische Landeskirche hielt es nicht für nötig einen Pfarrer ihrer Kirche zu würdigen, der als Mitglied der Bekennenden Kirche einer der wenigen sächsischen Pfarrer war der ein Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus war. Wie rückschrittlich die sächsische Landeskirche in der Gegenwart ist, dies sehen Leser des Forums seit Jahren, da denke ich nur an den damaligen Fall Schlingensief, dem bekannten antifaschistischen Künstler, dessen Ausstellung von einem Mitarbeiter der Kirche in Mißkredit gebracht wurde und dem Schweigen der Kirchenleitung dazu, siehe: http://evlks.de/forum/index.php?topic=67.0 .

Der Spruch des Forumsschreibers Fritz7, einem sächsischen Christen, der weit über 500 Beiträge im Forum der sächsischen lutherisch-evangelischen Landeskirche schrieb, der trifft meines Erachtens für die meisten evangelischen Kirchen in Deutschland zu: Wer will, dass Kirche SO bleibt - will nicht, dass sie bleibt!

Um so erfreuter war ich, daß seit September 2008 Hermann Klemm bei Wikipedia gewürdigt wird, siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Klemm . Da Hermann Klemm als Pfarrer in Weesenstein ein enger Freund Walter Timmlings war, schrieb er nach dem Tode Timmlings auch einen vielbeachteten Nachruf in der Zeitschrift „Unterwegs“. Hier sein Text:


Der Künstler in der Wüste

Am 14. Juni ist der Maler Walter Timmling nach schwerem Leiden in Weesenstein heimgegangen. Er war ein Mann mit vielseitige Gaben, der manchmal nicht wußte, ob er lieber dichten, schreiben, Kunstgeschichte erforschen oder schaffender Künstler sein sollte. Er wußte freilich auch von der Gefährdung und Versuchung durch solche reichen Gaben und wurde darum zugleich ein lebendiger Zeuge der freien Gnade. Hinterlassen hat uns dieser "theologische" Maler vor allem zahlreiche Landschaften, Blumenbilder, und Kinderbildnisse. Religiöse Themen hat er bewußt nie gemalt bis auf die wenigen eigenartigen Engel, die er als Schwerleidender im letzten Winter schuf.

Seinen Auftrag als Künstler hat er mehrmals zu umschreiben versucht. "Kunst ist Kenntlichmachung von Gottes Spur. Kunst schließt Wissen um Gottes Spur ein." "Es gibt eine kranke, verlogene, entartete Kunst, die ein Frevel ist, die sich bewußt gegen Gott auflehnt.. aber auch diese Kunst ist immer von ihrem Verhalten zu Gottes Spur bestimmt, immer wendet sie sich an das Publikum mit dem Gewicht einer Predigt.. Die echte Kunst steht im Kampf mit allerlei Gegnern, mit einer widergöttlichen Kunst, die nur bestrebt ist, ein hohes Geschmacksniveau zu erreichen, und mit dem offenbaren Kitsch."

Aber selbst dem Kitsch gegenüber stellt er sich nicht auf die Seite der Pharisäer. Er weiß um seine Notwendigkeit. Gewiß ist ihm der Rundfunk der "tönende Zauberwall, dessen Aufgabe es ist, die Seele in der Gedankenlosigkeit zu erhalten, daß sie nicht in die Verzweiflung abgleitet, welche die Stille birgt (eine völlige Verkehrung des bei seiner Arbeit Singenden, den es heute nicht mehr gibt)". Doch schon der Kriminalroman ist eine "indirekte theologische Äußerung einer Zeit, die direkten theologischen Äußerungen wesentlich ausweicht". Er weiß daß die Welt, wie sie ist, nicht in Ordnung ist. Er ist aber in dieser Welt gefangen und sucht Gnade und Erlösung im Raum der ungeordneten Welt, weil er aus eigenen Kräften nirgends anders hingelangen kann. "Soweit die Wüste Kraft über einen Menschen in ihr erreicht hat, soweit bedarf er des Kitsches. Wir sind alle von dieser Verwüstung betroffen" Es gibt nur zwei Wege: Entweder die Wüste erlangt Macht über einen Menschen, dann geht er in der Masse auf; oder er kann sich aus geistiger Entscheidung gegen die Wüste bewahren, dann ist er von der Masse isoliert und auf geistige Gemeinschaft angewiesen". Beides ist gefährlich, denn "das Individuum wird von der Masse, wie von der Gemeinschaft negiert; von der Gemeinschaft, indem sie den Einzelnen nur in seiner Verantwortung vor den materiellen Bedürfnissen und deren Regelung erkennt". Ein Christ kann jedoch weder Idealist noch Materialist sein, und das Ergebnis dieser Überlegungen: "Der Künstler unserer Zeit kämpft auf verlorenem Posten. Aber es kommt darauf an, daß er aushält auf diesem Posten, daß er bewahrt, bewahrt wegen der Zukunft. In die Zeit hinein bilden kann er heute nicht. Er schleppt.. das in der Wüste ganz unnütze Kunstwerk durch die Wüste hindurch; er gehört zu denen die den Glauben bewahrt haben, daß die Wüste eine Schuld und eine Prüfung sein, solch Unnützes mit durch die Wüste zu schleppen, sondern ein Dienst und eine Last".

Er selbst hat seine Last treulich bis zu Ende getragen, in aller Demut. Seine letzte Zeit wurde eine Abrechnung mit vielem, was ihn jahrelang von außen, aus dem Nichtwesentlichen, bedrängt hatte...

Eine kleine Seerose im Januar


Im Juli vergangenen Jahres schrieb ich einen Blogbeitrag über meine gerade wunderbar blühenden Seerosen, siehe: http://barrynoa.blogspot.com/2010/07/die-seerosen-bluhen.html . Bis zu den ersten Frösten blühten die Seerosen, dann war mein kleiner Teich zugefroren und dies mit einer extrem dicken Eisdecke. Eine einzige Seerosenknospe ragte aus dem Eis hervor, bis auch sie unter den mächtigen Schneemassen verschwand. Zum Glück zeigte sich der Januar von einer besseren Seite als der Dezember und ließ Schnee und Eis wegtauen. Es war wie ein kleines Wunder, der zarten Seerosenknospe hatten das dicke Eis um es herum nichts anhaben können. Noch von letzten Eisbrocken umgeben ragte die Seerose aus dem Wasser (erstes Foto). Da die Temperaturen ja nun nicht so sind, daß eine Seerose jetzt draußen blühen könnte, habe ich sie abgeschnitten und erfreue mich nun drinnen in einer Vase an der Blume (zweites Foto). Es ist erstaunlich, auch der Stiel weist keinerlei Verletzungen auf und dies obwohl große Eismassen die Seerose gedrückt hatten. So eine zarte kleine Seerose könnte Menschen Mut machen, Menschen die zart beseitet sind, sensibel, und großem Druck der kalten deutschen Gesellschaft ausgesetzt sind, daß auch sie eventuell diesem Druck der feindlichen Umgebung standhalten können, so wie die Seerose Kälte und Eis trotzen konnte.      


Seerosen im Juli 2010

Walter Timmlings "Prolegomena zur Theologie der Künste"


1949 erschien Walter Timmlings „Prolegomena zur Theologie der Künste“ in der Zeitschrift „Pastoraltheologie“ im 2. Heft des 38. Jahrgangs. Da ich diese allgemeinsten Gedanken Timmlings nicht dem Vergessen anheim fallen lassen möchte, habe ich die Seiten eingescannt um sie einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Wie alle von mir eingescannten Dokumente oder Fotos sind sie selbstverständlich mit einem einfachen Mausklick zu vergrößern. Dies schreibe ich deshalb, weil es immer wieder vorkommt das Leser mich anmailen und um eine höhere Auflöung bitten, diesen war diese Vergrößerungsfunktion bisher nicht bekannt.

Sonntag, 16. Januar 2011

Walter-Timmling-Ausstellungen in den 1930er Jahren bei Kühl (Dresden) und im Prinzessinnenschlößchen (Jena)


Links von meinen Blogbeiträgen die sich mit dem Maler, Lyriker und Kunstwissenschaftler Dr. Walter Timmling (1897-1948) beschäftigen, die finden Sie hier: http://barrynoa.blogspot.com/2011/01/literaturhinweise-zu-walter-timmling.html .
Schon zu DDR-Zeiten recherchierte ich zu Timmling, die damals geplante Publikation konnte allerdings dann erst im Jahr 2000 erscheinen. Jedenfalls wußte ich, daß Timmling 1934 bei Kühl in Dresden eine Ausstellung zusammen mit Arthur Henne hatte, Unterlagen gab es nicht mehr. Ich schrieb 1986 die auch noch in der DDR-Zeit existierende Kunsthandlung Kühl an und bekam dankenswerter Weise zwei Abschriften von Zeitungsrezensionen die diese Ausstellung behandelten. Fotos der Ausstellung in Dresden waren leider nicht mehr vorhanden. In Jena hatte Timmling mehrmals ausgestellt. Dies lag wahrscheinlich daran, daß ihm sein Freund Dr. Werner Meinhof, der in Jena Museumsdirektor war, den Weg zum dortigen Kunstbetrieb geöffnet hatte. Zu diesen Ausstellungen konnten bislang keine Dokumente gefunden werden. Anfragen meinerseits in Jena verliefen damals fast ergebnislos (siehe eingescannte alte Briefe). Allein drei alte Fotos zeigten Bilder Timmlings und einen Ausstellungsraum im Jenaer Prinzessinnenschlößchen, wo Timmling in den 30er Jahren ausgestellt hatte. Sowohl die damaligen Zeitungsrezensionen wie auch die Fotos der Ausstellung im Jenaer Prinzessinnenschlößchen, die auch in meiner Timmling-Publikation zu finden sind, habe ich heute für Freunde der Kunst Timmlings eingescannt. Alle die auf den schwarz-weissen Fotos zu sehenden großformatigen Oelbilder Timmlings existieren nicht mehr. Sie alle verbrannten bei dem Bombeninferno des 13.-15. Februar in Dresden.    

Samstag, 15. Januar 2011

Altes: Krimis aus dem Westen


Krimis zu bekommen war in der DDR kein Problem. Neben den Klassikern, wie Conan Doyles „Sherlock Holmes“ und den Romanen von Agatha Christie, die auch in der DDR verlegt wurden und die ich mit Begeisterung las, da hätte ich natürlich auch gern Edgar Wallace gelesen, nur den bekam man in der DDR nicht, wenngleich die bekannten Edgar-Wallace-Filme in den Kinos gespielt wurden. Aber es gab ja noch den Schwarzmarkt, wo man für teures Ostgeld Bücher aus westlicher Produktion bekam. Einige dieser damals so erworbenen Bücher habe ich immer noch, da sie mir bis heute sehr gefallen, so z.B. Bernhard Borges „Tod im Blausee“, Victor Gunns „Auf eigene Faust“, und Georges Simenons „Maigret verschenkt seine Pfeife“. Simenons Bücher gab es zu späteren Zeiten, so ab Mitte der 70er Jahre, dann auch in der DDR zu kaufen, aber man mußte dazu kommen, denn  es waren etliche Autoren so gefragt, daß das Angebot die Nachfrage nicht decken konnte, aber man konnte Bücher ja immer noch in der Bücherei ausleihen und dies natürlich völlig kostenlos. Das Maigret-Taschenbuch kostete laut Eintrag in den 60er Jahren 2,40 Mark (West). 10 Ostmark mußte man schon hinlegen um so ein ausgelesenes Exemplar in der DDR zu bekommen. Der Umtauschkurs war also ungefähr 1 zu 4, ein durchaus üblicher Kurs zur damaligen Zeit auch für andere Dinge und ein einträgliches Geschäft für diejenigen die derlei Sachen aus dem Westen bekamen und dann hier verscheuerten.  

Freitag, 14. Januar 2011

Ein bislang unveröffentlichtes Oelbild von Pietro Barucci (1845-1917)



Die Italiensehnsucht deutscher Künstler der Goethezeit war groß, aber auch danach zog „das Land wo die Zitronen blühen“ immer wieder Deutsche, die deutsches Wetter und deutsche Mentalität satt hatten, in ihren Bann. Besonders die Gegend um Neapel erschien als irdisches Paradies, so schrieb Goethe: „Neapel ist ein Paradies, jedermann lebt in einer Art von trunkner Selbstvergessenheit. Mir geht es ebenso, ich erkenne mich kaum, ich scheine mir ein ganz anderer Mensch.“

In meinem gestrigen Blogbeitrag hatte ich das Foto einer Porzellanschnecke mit dem Bild des Vesuvs vorgestellt, passend dazu heute ein Oelbild des italienischen Malers Pietro Barucci (1845-1917) mit dem Titel „Knabe auf einem Fischerboot in der Bucht von Napoli“. Von dem bekannten Maler Barucci findet man in der Kunstliteratur oder im Internet eine beachtliche Anzahl von Bildern. Das von mir fotografierte wird man bislang vergeblich finden, denn es wurde bisher noch nicht veröffentlicht. Vielen Dank dem in der Nähe Dessaus beheimateten Besitzer, einem langjährigen treuen Leser meines Blogs, für das Vertrauen dieses Bild erstmalig in meinem Blog veröffentlichen zu dürfen.  

Donnerstag, 13. Januar 2011

Eine alte Porzellanschnecke - Erinnerung an meinen Onkel Oskar


Daß die abstoßenden Eigenschaften der Deutschen auch in der Vergangenheit viele sensible Menschen aus dem Lande treiben ließen, dies ist den wenigsten bewußt. Nicht erst seit der Machtergreifung der Nazis 1933 waren die besseren Deutschen die, die ins Exil gingen oder gehen mußten. Auch waren es die Besten und Aufrichtigsten die bis zum 13. August 1961 die rotfaschistische DDR verließen. Die Verhältnisse waren gerade für sensible Menschen unerträglich. Besonders schmerzte es, daß die Mehrheit der Deutschen autoritäre und brutale Regime und Gesetze immer sehr begrüßt hat. An dieser Mentalität hat sich bis heute nur wenig geändert, dies zeigt sich an dem ständigen Abbau von Freiheitsrechten seit etlichen Jahren, dem von der Mehrheit der Deutschen zugestimmt wird. Auch in der Weimarer Republik sah es nicht viel anders aus, republikanisch freiheitlich war nur eine kleine Minderheit gesonnen, unter der freiheitlichen Maske war der Ungeist autoritärer Kaiserzeiten mehr als lebendig, dieser Ungeist war Alltag. Seit 1850 wanderten hunderttausende Menschen aus diesem Deutschland aus, in Länder die damals freiheitlicher waren als ihre bisherige Heimat: USA, Australien, Kanada, Brasilien, Paraguay. In den 20er Jahren, nach dem 1. Weltkrieg, war es nicht so einfach aus dem Land rauszukommen, die typischen Einwanderungsländer hatten Bedenken viele Deutsche aufzunehmen, eine Folge des 1. Weltkriegs. Was aber tun, wenn Menschen die deutsche Mentalität und die deutschen Zustände nicht mehr ertrugen?

Ein Onkel von mir, Onkel Oskar, persönlich habe ich ihn nie kennen lernen dürfen, der war ein sensibler Junge, besonders nach dem frühen Tod seiner Mutter litt er unter der Lieblosigkeit seines Vaters Max, meines Urgroßvaters, und den deutschen kaltherzigen Zuständen. Als 15jähriger begann er eine Lehre und die war kein Zuckerschlecken. „Lehrjahre sind keine Herrenjahre“ – dieser typische die deutsche Mentalität des Tretens nach unten und des Katzbuckelns nach oben entlarvende Spruch, zeigte sich in krasser Form bei Oskar – Mobbing und Demütigungen waren bei dieser Lehre an der Tagesordnung und wie auch in heutiger Zeit die kleinsten Angestellten im öffentlichen Dienst oft am meisten die Bürger schikanieren, so waren es die Gesellen die ihn schikanierten. Oskar ertrug dies nicht! Die Lehre einfach hin schmeissen, dies ging nicht, so wie es auch heutzutage nicht geht einfach eine Lehre hin zu schmeissen. Drohen heute massive Sanktionen vom Arbeitsamt, so drohten damals Maßnahmen des autoritären Vaters. Die einzigste Möglichkeit die sich Oskar bot, war abzuhauen nach Hamburg, dort auf einem Schiff anzuheuern. Wäre dies heute noch möglich, daß ein 15jähriger von zuhause abhauen kann und auf einem Schiff anheuern könnte? Wohl kaum! 15jährige haben heute noch weniger Freiheitsrechte als in den 20er Jahren, die Bevormundung von Jugendlichen wird in Deutschland immer schlimmer, dies unter dem Deckmantel der Fürsorge.

Onkel Oskar heuerte in Hamburg bei einem brasilianischem Schiff als Küchenhelfer an. Bei einem deutschen Schiff anzuheuern, wäre möglich gewesen, aber dort herrschte ja im Kleinen die gleiche deutsche Mentalität wie im Großen. Onkel Oskar kam erst als Erwachsener wieder nach Hause, und auch da nur zu Besuch. Mittlerweile war er ein gefragter Schiffskoch geworden. Irgendwann schenkte er mal meiner Großmutter, seiner Schwester, die oben abgebildete Porzellanschnecke (die ohne das Ritzbild). Wenn ich als Kind bei meinen Großeltern war, dann legten sie mir diese Schnecke oft an mein Ohr, damit ich das „Rauschen des Meeres“ hören sollte, ein bekanntes Phänomen solcher Schnecken. Später kaufte ich mir mal noch eine zweite dieser Porzellanschnecken, die aber deshalb, weil ich das dort eingeritzte Bild der Bucht von Neapel mit dem Vesuv so interessant fand. Die einfache Porzellanschnecke aber, die wird mich zeitlebens an meinen Onkel Oskar erinnern, der mir schon deshalb sympathisch ist, weil er als sensibler und freiheitlicher Mensch mit den anderen Deutschen nicht mit marschierte.    

Dienstag, 11. Januar 2011

Beiträge zur anhaltischen Mundart - Teil 11: Georg Müller



Der im anhaltischen Nienburg als Sohn des Bürgermeisters geborene Georg Müller (1864-1933) war als Postbeamter in Bernburg tätig. Neben seinem Ehrenamt als Stadtrat für Kultur und Friedhofswesen schrieb er in anhaltischer Mundart Geschichten und Gedichte, vorwiegend in Zeitungen. 1925 und 1929 erschienen die oben abgebildeten Bücher von ihm (1996 noch einmal in einem Band vereint verlegt). 2009 erschien in der Anhalt Edition Dessau „Mei Anhalt, wu ich heeme bin“, ein Buch mit Geschichten und Gedichten Georg Müllers, die teilweise nur in früheren Zeitungsbeiträgen zu lesen waren.