Donnerstag, 24. Februar 2011

Deutsche Mentalitäten und Verleihung des Felix-Krull-Ordens an Freiherrn zu Guttenberg

"Vergeßt nicht, daß ein jedes Volk diejenige Regierung verdient, die es erträgt."(Hans Scholl in den Flugblättern der Weißen Rose)

Das deutsche Volk ertrug nicht nur manch verbrecherische oder unmoralische Regierung, sondern bejubelte geradezu im Laufe der Geschichte Personen die Deutschland regierten, die mehr als miese Typen waren. Nicht, daß man deren miese Charaktereigenschaften vorher nicht sehen konnte, nein, gerade wegen dieser negativen Eigenschaften waren diese Herrscher und Regierenden bei einer Mehrheit des deutschen Volkes so beliebt. Kaiser Wilhelm II. wurde geradezu vergöttert und dies waren nicht etwa nur erzwungene Lippenbekenntnisse, sondern sein anmaßendes Wesen gefiel den Deutschen. Mit großer Begeisterung wollte man den Krieg, ließ Wilhelm nur deshalb fallen, weil es mit den Eroberungsplänen nicht geklappt hatte. Nicht etwa aus demokratischer Läuterung weinte man ihm bei der Abdankung keine Träne mehr nach, sondern wegen seiner vermeintlichen Schwäche das Land zum Sieg zu führen.

Auch bei der Wahl der dann folgenden demokratisch gewählten Reichspräsidenten zeigte sich der Charakter der Mehrheit der Deutschen Personen zu wählen, bei denen von vornherein feststand wes Geistes Kind sie waren. Ein Reichspräsident Ebert ließ, wie jetzt Gaddafi in Libyen, auf das eigene Volk schiessen und wurde trotzdem gewählt, und als mit großer Mehrheit der alte Reaktionär Hindenburg zum Reichspräsidenten gewählt wurde, da gab es genug Warnungen, daß man mit Hindenburg einen Wegbereiter Hitlers wählen würde: „Wer Hindenburg wählt, wählt Hitler! Wer Hitler wählt, wählt den Krieg!“

Mit der Wahl Hindenburgs zeigte sich einmal mehr die große Sympathie der Deutschen für negative Gestalten der Politik. Und gern vergessen wird, daß bei der Reichstagswahl 1933 die übelste Sorte von Politikern mit über 50 % vom deutschen Volk gewählt wurde, die je in Deutschland regierte (NSDAP: 43,9 %, reaktionäre Verbündete Hitlers, die Kampffront Schwarz-Weiß-Rot (Stahlhelm usw.): 8,0 %).

Auch nach dem II. Weltkrieg begeisterten sich die Deutschen mehrheitlich für mehr als dubiose Politiker, wählten den Spalter und Aufrüster Adenauer mehrmals zum Bundeskanzler, ebenso einen Kiesinger zum Bundeskanzler, obwohl dessen frühere Mitgliedschaft in der NSDAP hinlänglich bekannt war. Als eine Beate Klarsfeld diesem Kiesinger eine Ohrfeige verpaßte, da jaulte der deutsche Mob auf und sprach von zu ahnender Körperverletzung die hart bestraft werden müsse, dies in einer Zeit als ehemalige Nazigrößen und Kriegsverbrecher unbehelligt in Politik, Wirtschaft und Justiz tätig sein konnten, ohne daß sich die Mehrheit der Deutschen darüber aufregte. Erst die von den Mehrheitsdeutschen gehassten („Schickt Sie nach Sibirien!“) 68er brachten ein wenig Anstand in die Politik, konnten sich letztendlich aber nicht durchsetzen, wurden entweder selber zum Establishment oder man versuchte sich ihrer zu entledigen, siehe den Mordanschlag auf Rudi Dutschke.

Und im Osten? Ulbricht und Honecker wirkten oft wie Witzfiguren, waren aber gefährliche Charakterlumpen. Trotz dieser wenig seriösen Politiker strömten über 2 ½ Millionen Ostdeutsche in die SED. Es hatte sie keiner dazu gezwungen, wer kein Genosse wurde, mußte nicht zwangsläufig im Elend leben, kam allerdings an die Fleischtöpfe des DDR-Systems nicht heran. Daß ab und an auch positive Politiker mal die Sympathie der Deutschen erringen konnten, dies zeigte sich mit der Wahl Willy Brandts („Mehr Freiheit wagen“!) zum Bundeskanzler. Diese lichten Momente waren allerdings mehr als selten.

Als Lichtgestalt wird nun seit einiger Zeit von reaktionären Kreisen und einer gewissen Blöd-Zeitung der Freiherr von und zu Guttenberg den Menschen präsentiert, ja man baut ihn als zukünftigen Bundeskanzler systematisch propagandistisch auf. Im September 2010 schrieb ich darüber: http://barrynoa.blogspot.com/2010/09/gott-bewahre-uns-vor-einer-first-lady.html  und im Januar 2011 http://barrynoa.blogspot.com/2011/01/die-mehrheit-der-deutschen-findet-von.html , dies weit vor dem Skandal um Guttenbergs geklaute Doktorarbeit. Ja und die Deutschen, was denken sie nun über den von Anfang an unseriösen Freiherrn, den sie allzu gern zusammen mit seiner Frau Stephanie, wie ein Königspaar an der Spitze Deutschlands sehen möchten? Erwartungsgemäß sind die Beliebtheitswerte dieses Typen immer noch extrem hoch. Erschleichen eines Doktortitels, Klauen von geistigem Eigentum, alles nicht so schlimm! Hauptsache die Justiz greift hart durch wenn eine Verkäuferin einen Bon für 50 Cent unterschlägt oder wenn ein Arbeitsloser schwarz mit der Straßenbahn fährt, da wird natürlich Gefängnis befürwortet: Ordnung und Gesetz müssen natürlich bei solchen Fällen strengstens eingehalten werden. Der Fall Guttenberg zeigt die typisch deutsche Mentalität einmal mehr als deutlich auf.


Karl-Theodor zu Guttenberg hat am Samstag (19.02.11) in Aachen den Orden "Wider den tierischen Ernst" verliehen bekommen. Ähh! Also von mir bekommt er den Felix-Krull-Orden! Alaaf, Helau, Helau!

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