Donnerstag, 3. März 2011

Rudolf Schäfer (1878-1961): Großvater und Großmutter


Eigentlich ist Rudolf Schäfer (1878-1961) nur als Kirchenmaler bekannt (http://www.kirchenlexikon.de/s/s1/schaefer_r_s_o.shtml) und heute mehr oder weniger vergessen, da seine Werke wenig wirklich religiöse Substanz aufzuweisen haben, eher das biedermeierlich verlogene Christentum der herrschenden puritanisch bürgerlichen Gesellschaft um 1900 vermitteln. Um 1900, wo tatsächlich sich echte Religiosität in den Bildern der Maler des Jugendstils und dann des avantgardistischen Expressionismus zeigte, malten Künstler, wie Schäfer, immer noch im Geiste des Biedermeier. Gerade bei sogenannten religiösen Themen wirkte dann diese Kunst peinlich kitschig, wenngleich sie handwerklich oft gut gemacht war. Bei allem sollte man die Frage stellen: Cui bono (Wem nutzt es)? In dem Falle Rudolf Schäfers diente seine Kunst reaktionären gesellschaftlichen Kräften, besonders den damaligen evangelischen Landeskirchen, welche Staatskirchen waren und die eindeutig auf der Seite der herrschenden bürgerlichen und adeligen Schichten standen, ja Teil des gesellschaftlichen deutschen Unterdrückungssystems waren, diesem System insofern dienten indem sie die ausgebeuteten Massen zu Demut und Untertanenhörigkeit mit erzogen, ihnen biedermeierliche Frömmigkeit abforderten, dies als Gott wohlgefällig hinstellten und damit die Massen von revolutionärem Tun abhielten. Insofern diente Schäfers Kunst der deutschen Reaktion und ist aus wirklich christlicher Sicht heutzutage abzulehnen, zumal diese Kunst im 3. Reich durch ihre kleinbürgerliche Deutschtümelei den Nazis diente. Während ehrliche christliche Kunst als entartet verfemt wurde, paßte diese Kunst sehr gut in das reaktionäre Weltbild der Nazis.

Weshalb ich trotzdem ein Frühwerk Rudolf Schäfers hier vorstelle, liegt daran, daß obiges Mappenwerk (von ca. 1907 – 1910) mir dennoch gut gefällt, da es keine verlogene Religiosität atmet, sondern schlicht und einfach menschlich ist und dies im positiven Sinne. „Großvater und Großmutter“, Radierungen von Rudolf Schäfer in der bekannten Kunstmappen-Edition (Bildermappen fürs deutsche Haus) des Stiftungsverlages Potsdam in mehreren Auflagen unters Volk gebracht, rührt mich an, obschon ich um die Idealisierung weiß und weiß, daß die Wirklichkeit auch bürgerlichen Lebens um 1900 nicht so positiv war wie in den Zeichnungen dargestellt. So wie von Rudolf Schäfer Großvater und Großmutter dargestellt sind, so stellt man sich aber dennoch noch heute Oma und Opa der damaligen Zeit idealer Weise vor und wünschte, daß die eigenen Vorfahren so gewesen wären, wo die Enkel mit Freude vor der Tür standen, mit Blumen in den Händen, wo sie sich freuten den leckeren Topfkuchen an der Kaffeetafel der Großeltern essen zu dürfen, wo sie Großvater in dessen Blumengarten begleiten durften, einem Garten mit einem schönen Pavillon und herrlich blühenden Rosen, wo sie oft Großvater und Großmutter auf ihrer Bank im Garten sich ausruhen sahen und wo sie am Abend um die Großmutter herum sitzen durften und sie ihnen Geschichten vorlas oder wo sie aus ihrem Leben erzählte. Rudolf Schäfers Titelung „Es war einmal“ berührt einen wie ein Raunen auch aus eigener Vorfahrenzeit.      

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