Mittwoch, 14. Dezember 2011

Das Weihnachtsfest vor 100 Jahren und heute und die Glaubwürdigkeit der Amtskirchen damals und heute


Den deutschen Jugendstilkünstler Ignatius Taschner (http://de.wikipedia.org/wiki/Ignatius_Taschner) schätze ich wegen seiner Vielseitigkeit, war er doch sowohl ein begnadeter Bildhauer wie auch ein großartiger Maler, Grafiker und Illustrator. Viele der um 1900 erschienenen Bücher sind erst durch Taschners Illustrationen so beliebt geworden. Taschner war sich nicht zu schade ganz normale Gebrauchswerbung zu machen, aber auch die war immer hoch künstlerisch, so die von mir eingescannte Werbekarte der bayerischen „Kgl. Hof-Wachslichter-Fabrik“ des Unternehmers Matthias Ebenböck aus München.

Vor 100 Jahren war eine Zeit wo im Deutschen Kaiserreich die „deutsche“ Weihnacht propagiert wurde, so kam immer mehr der Weihnachtsmann in Mode und löste in weiten Teilen des Landes das Christkind als Gabenbringer ab. Im katholischen Bayern allerdings hielten sich das Christkind, der Heilige Nikolaus und sein Knecht Ruprecht, letzterer nahm aber immer mehr nordische Züge an und dies noch vor der Einvernahme durch die Nationalsozialisten, die das Weihnachtsfest zu einem nordischen Julfest werden ließen, mit all den germanischen Göttern, einem Gott Odin und dessen Knecht, einem nun Ruprecht genannten Knecht.

In Taschners Werbekarte ist das Christkind ein moderner Knabe um 1900, sportlich modern nach der neuesten Knabenmode angezogen und dahinter trottet ein alter Mann, halb Weihnachtsmann, halb Knecht Ruprecht darstellend, aber auch durchaus ein alter armer Mann, so wie er um 1900 durch die Straßen Münchens lief, mit einem alten schäbigen Mantel und kaputten Schuhen und noch im hohen Alter als Dienstbote arbeiten müssend, weil die soziale Absicherung fehlte. Das Weihnachtsfest um 1900 war ein Fest des reichen Bürgertums und des Adels, die überwiegende Mehrheit des Volkes konnte sich Geschenke und eine Feier mit Braten und Leckereien nicht leisten. Weihnachtliche „Heimeligkeit“ war damals nur für die Ausbeuterschichten da, für die Armen fielen dann aus „christlicher Mildtätigkeit“ Brosamen von den Tischen der Reichen ab. Die Kirchen impften den Armen zu aller Schande dann noch Dankbarkeit und Demut gegenüber dieser Wohlfahrt ein, statt sie zu revolutionärem Tun zu ermuntern halfen sie dadurch die ungerechten, unsozialen, unchristlichen gesellschaftlichen Verhältnisse zu erhalten. Damit waren sie weit weniger christlich in ihrem Tun als viele Atheisten, die als Sozialisten die Verbesserung der desolaten Lebensverhältnisse der Menschen durch gesellschaftlichen Kampf langsam durchsetzten.

Diese grundsätzlich reaktionäre Haltung der Amtskirchen ist auch heute noch vorhanden, von einer Minderheit von Befreiungstheologen in der römisch-katholischen Kirche und progressiven Protestanten abgesehen. Z.B. menschenverachtende Hartz-IV-Gesetze oder die Heraufsetzung des Renteneintrittsalters werden von den Amtskirchen nicht bekämpft, damit machen sich auch heute die Kirchen mitschuldig an den derzeitigen unchristlichen Zuständen in unserem Land und handeln in höchstem Grade unchristlich. Wenn die Amtskirchen die Praxis des Tötens von ungeborenem Leben kritisieren (allerdings nicht in der nötigen Schärfe!), dann ist das lobenswert, das Schweigen und Dulden, ja sogar das aktive Eingebundensein in die ausbeuterische kapitalistische Gesellschaftsordnung macht sie aber als Verkünder der Lehren des Jesus von Nazareth nicht gerade glaubwürdig.

Keine Kommentare: