Freitag, 16. Dezember 2011

Von Ratten und Menschen und dem Mitleid






                                         (unsere lieben Ratten)


Folgendes konnte man in den yahoo-Nachrichten vom 9. Dezember 2011 lesen:

„Ihr Ruf ist nicht unbedingt der beste. Ratten stehen im allgemeinen Sprachgebrauch für unangenehme Charaktereigenschaften wie Durchtriebenheit und Illoyalität. Dabei sind Ratten mitfühlende, soziale Tiere, wie eine aktuelle Studie belegt.
Ratten leiden mit eingesperrten Artgenossen mit und zeigen sich hilfsbereit - auch wenn sie keinen Nutzen davon haben. Das ist laut der britischen Tageszeitung „Daily Telegraph“ das Ergebnis einer Studie an der Universität von Chicago.

Bei einem Experiment sperrten Wissenschaftler eine Ratte in eine geschlossene Röhre, eine andere hielt sich außerhalb davon auf. Zum Erstaunen der Forscher half die Ratte in Freiheit dem eingesperrten Nagetier aus dem Gefängnis heraus und zwar, ohne dafür belohnt zu werden.

Bei Affen sei empathisches Verhalten bereits nachgewiesen worden. Im Falle der Nagetiere sind diese Erkenntnisse neu: „Das ist der erste Beweis dafür, dass auch Ratten anderen aus Mitleid helfen“, zitiert das Blatt den US-amerikanischen Studienleiter Professor Jean Decety.

Für den Versuch trennten die Wissenschaftler die Tiere, die sich sonst einen Käfig teilten, voneinander. Die Röhre, in der die gefangene Ratte sich befand, ließ sich ausschließlich durch Aufstoßen von außen öffnen. Nachdem das freie Tier gelernt hatte, wie es seinen gefangenen Kameraden befreien konnte, ließ es ihn fast unmittelbar nach Beginn des Versuchs aus dem Gefängnis heraus.

Das Erstaunlichste bei dem Experiment: Nicht einmal durch Schokolade ließ sich das helfende Tier von seinem Vorhaben abbringen. Als die Ratte die Möglichkeit hatte, Süßes aus einer identischen Röhre mit gleichem Öffnungsmechanismus zu ergattern, priorisierte sie die Befreiung des anderen Nagers.

„Das war sehr überwältigend“, so die Co-Autorin Professor Peggy Mason laut „Daily Telegraph“. Es habe gezeigt, dass bei Ratten die Hilfsbereitschaft einem Artgenossen gegenüber den gleichen Stellenwert habe wie Schokolade. Mehr noch: „Sie hätte sich die ganze Schokolade schnappen können, wenn sie gewollt hätte. Tut sie aber nicht.“
Nicht nur das Mitgefühl, sondern auch das engagierte Verhalten der Tiere überraschte die Forscher. Schließlich hätten sich die Ratten ganz von selbst beigebracht, wie sie ihrem Kameraden aus der Röhre helfen können. „Diese Ratten lernen aus einer inneren Motivation heraus“, zitiert der „Telegraph“ Inbal Ben-Ami Bartal von der Universität Chicago. „Es gab keinen anderen Grund für die Handlung, außer eben, die Notlage der gefangenen Ratte zu beenden.“

Veröffentlicht wurde die Studie im Fachmagazin „Science“.“


Man kann nur mit dem Kopf schütteln, daß Erkenntnisse die jeder Rattenhalter hat, die für ihn selbstverständlich sind, von „Wissenschaftlern“ mit großem Aha als neueste Forschungsergebnisse gepriesen werden. Die bürgerlichen Medien stürzen sich dann natürlich auf derlei Elaborate, weil auch sie, wie wahrscheinlich viele Wissenschaftler sich nicht vorstellen konnten das Tiere ebensolche Verhaltensweisen haben wie Menschen, jahrtausende alte Vorurteile Tieren gegenüber, die nicht zuletzt durch die drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam „theologisch“ untermauert wurden, indem nur dem Menschen alles Heil zugestanden wurde, Tiere dagegen nur als seelenlose Wesen galten, die dem Menschen als Nahrung oder sonstig zu dienen hatten. Erst Darwin machte diesem Spuk ein Ende, bewies klar die gemeinsamen Wurzeln der Arten und letztendlich auch, daß es pure Einbildung des Menschen sei, daß ausgerechnet er die Krone der Schöpfung sei, er etwas besseres sei als Tiere. Daß dieses Wissen in der Breite immer noch nicht angekommen ist, dies zeigt der mitleidlose Umgang des Menschen mit Tieren. Ausgerechnet der Mensch beansprucht, daß er alleinig Mitleid haben könne? Daß dieser Blödsinn sich solange in den Köpfen der Menschen halten konnte, ja auch in denen von Wissenschaftlern, hängt mit dem Erstarken fundamentalistischer Religiöser zusammen, sowohl im Islam wie im Christentum, da denke man nur an die „christlichen“ Kreationisten in den USA in dem berüchtigten immer breiter werdenden Bibelgürtel. Ein Hoimar von Ditfurth - den ich sehr schätze – würde dort wohl noch heute wegen seiner These „Menschen sind Wesen des Übergangs“, wenn er denn noch leben würde, geteert und gefedert werden, so verblendet ist man dort noch heute und dies in immer stärkerem Maße.

Mitleid!? Ein moralischer Begriff der schlecht zu klassifizieren ist! Wenn in Gruppen lebende Menschen oder Tiere „Mitleid“ mit Artgenossen haben, ist dies doch nicht verwunderlich, leben sie doch in sozialen Gefügen die ihnen selbst Vorteile bringen. Da nun Ratten wie Menschen in solchen Gruppen leben, gibt es fast gleiche Verhaltensweisen. Also unsere Ratten streiten sich nicht anders wie Menschen und haben genau wie Menschen auch ihre besonderen Vorlieben und Freundschaften. Die Wissenschaftler aus Chicago haben scheinbar nie sich mit Rattenhaltern unterhalten, die ihnen dann erzählt hätten, wie manch „mitleidige“ gesunde Ratte einer alten oder kranken Ratte beim Klettern hilft, damit diese an Futter kommt, was sie ja allein hätte essen können oder wenn eine kranke Ratte von einer anderen gepflegt wird, dies natürlich mit den der Ratte zur Verfügung stehenden bescheidenen Mitteln, wie lecken.

Der schlechte Ruf von Ratten in Deutschland ist auch noch in der Nachwirkung der nationalsozialistischen Propaganda zu sehen, die unbewußt auch bei ansonsten dem Nazitum fernstehenden Menschen in den Köpfen steckt. Weil die Nazis alle Ressourcen für den Krieg brauchten, legten sie großen Wert auf die Vernichtung von Ratten. Stärker als vorher wurden Ratten bekämpft und dies als Schädlingsbekämpfung bezeichnet. Schädlinge die den deutschen Volksgenossen etwas wegfraßen, die gehörten vernichtet. Es war dann nur ein kleiner Schritt auch Juden als solche Schädlinge zu bezeichnen. Am widerwärtigsten kann man das in dem Propagandafilm „Der ewige Jude“ sehen (aus „Kino der NS-Zeit“: „Der im Ghetto von Lodz gedrehte "Dokumentarfilm "Der ewige Jude“ (1940) zeigte die Juden als minderwertige Rasse, welche die Kulturvölker - zumal das deutsche - von innen heraus zu zersetzen versuchten. Eingeleitet wurde der Film mit der gleichnishaften Darstellung wandernder Ratten, deren Tötung ein Akt der Seuchenhygiene darstellen sollte.“

Daß nun nicht nur Ratten und Affen „Mitleid“ praktizieren, dies weiß auch ansonsten jeder Tierbeobachter, wie sonst ist Sorge um ein erkranktes Tier der eigenen sozialen Gruppe zu erklären oder Trauer um ein gestorbenes Tier? Dazu braucht man nur das Wehklagen von Elefanten und vielen anderen Tieren beobachten. Jahrelang hatten wir Schwalben bei uns und die Szene auf dem letzten Foto (aus dem Netz, unbekannter Fotograf) ist mir sehr vertraut, wo eine Schwalbe um eine andere Schwalbe trauert.

Daß das Mitleid von Menschen sich in der Regel sehr in Grenzen hält, dies hat die wenig mitleidvolle Geschichte der Menschheit gezeigt, mit all ihren Massenmorden, Foltern und dem Verhungern von Millionen Menschen und vieler anderer Scheußlichkeiten die so gar nicht zu dem Ideal von „Hilfreich sei der Mensch, edel und gut (Goethe)" passen wollen.

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